Im HSVlive-Interview spricht TIM WALTER über seine spezielle Rolle als Trainer, die Parallelen zwischen Mannschaftssport und Familienleben sowie über die ganz besondere Beziehung zu seinem Verein und seinem Team.

Anfang Januar hat Tim Walter seinen Vertrag als Trainer des HSV bis 2024 verlängert. Dass sein gesamtes Trainerteam ebenfalls neue Arbeitspapiere unterschrieb, unterstreicht – ebenso wie die Begeisterung der Mannschaft über diesen Schritt – das ganz besondere Verhältnis aller Beteiligten zueinander. „Es geht nur zusammen“, predigt Walter gern, und er lebt diese Worte. Denn Teamgeist und Zusammenhalt sind Werte, die dem 47-Jährigen extrem wichtig sind, und die er als elementar ansieht für den gemeinsamen Weg und den gemeinschaftlichen Erfolg. Auf welche Aspekte er als Trainer außerdem großen Wert legt und welche Parallelen er zwischen Mannschaftssport und Familienleben sieht, das erklärt Tim Walter im HSVlive-Interview.

Nähe, Vertrauen und gemeinsamer Spaß am Fußball: Tim Walter und das Team um Mittelfeld- und Führungsspieler Ludovit Reis pflegen ein besonderes Verhältnis zueinander.

Tim, Ende 2022 hast du in einer Pressekonferenz einen interessanten Satz gesagt: „Ich bin glücklich über jeden einzelnen meiner Spieler, ich liebe sie alle und bin sehr stolz auf meine Mannschaft – auch wenn sie mich manchmal verrückt macht.“ Ähnliches könnte auch ein Familienvater über seine Kinder sagen. Findest du diesen Vergleich bezüglich deines Verhältnisses zur Mannschaft zutreffend?
Genau das ist für mich der Ansatz überhaupt. Es ist mir wichtig, uns als gesamtes Team wie eine Familie und meine Spieler wie meine Kinder zu sehen. Ihnen etwas beizubringen, sie zu erziehen, aber sie auch in den Arm zu nehmen. Der eine braucht mehr Streicheleinheiten, der andere ein bisschen weniger, aber am Ende möchte jeder gern gelobt werden, das liegt in der Natur des Menschen, schließlich mag jeder von uns lieber Lob als Tadel. Das weiß ich auch, aber manchmal gibt es eben Phasen, in denen man auch klar kommunizieren muss, auch kritisieren muss, um besser zu werden. Und das nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern auch abseits dessen. Sind meine Jungs immer respektvoll untereinander, sind sie höflich zu allen Menschen drumherum, dem Staff, den Fans? Das sind Dinge, die mir sehr wichtig sind und die für mich eine sehr große Rolle spielen. Deshalb gehört es für mich in meiner Rolle als Trainer – als Familienoberhaupt, wenn man es so sagen möchte – ganz elementar dazu, meine Spieler nicht nur fußballerisch zu entwickeln, sondern auch als Persönlichkeit.

Ist dieses sehr enge Verhältnis zur Mannschaft ein Aspekt, den du bewusst in deine Trainerarbeit einfließen lässt? Es gibt schließlich auch Trainer, die Wert auf eine gewisse Distanz legen.
Ich glaube nicht, dass man durch Distanz besser wird oder in der Gruppe harmonischer miteinander umgeht. Und je mehr Harmonie besteht, je enger und vertrauensvoller man miteinander umgeht und je mehr die Jungs mit- und füreinander machen, umso größer ist die Chance auf gemeinsamen Erfolg. Ich denke, dass dies der beste Weg ist. Früher hat man als Trainer vielleicht sehr temporär gedacht, hat sich nicht so sehr darum bemüht, zwischenmenschliche Bande zu knüpfen, sondern war halt der Trainer und die Spieler mussten funktionieren. Aber so läuft der Fußball heutzutage nicht mehr. Die Spieler sind mündig, sind interessiert, sie hinterfragen die Dinge – die ganze Gesellschaft hat sich dahingehend verändert. Und das finde ich gut. Deshalb agiere ich als Trainer genau so, ich erkläre die Dinge, hole auch Meinungen ein und mir bricht auch kein Zacken aus der Krone, wenn ich mal einen Fehler zugebe und mich für etwas entschuldige. Denn ich weiß, dass ich aufgrund unseres engen und vertrauensvollen Umgangs dadurch nie an Respekt bei der Mannschaft verlieren würde.