HSV-Vorstand Frank Wettstein hat seinen auslaufenden Vertrag vorzeitig aufgelöst. Die Gründe für diese Veränderung sowie die kurz- und mittelfristigen Ziele erklärt der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende und neue HSV-Vorstand DR. THOMAS WÜSTEFELD.
Als sich die Mannschaft des HSV in der ersten Januar-Woche im spanischen Sotogrande auf den Restrückrundenstart 2022 vorbereitete, war auch im fernen Hamburg die Vorbereitung auf die Zukunft im vollen Gange. Und so verkündete man am 4. Januar, dass Vorstand Frank Wettstein, der seinen Abschied zum Saisonende bereits vor einigen Wochen verkündet hatte, vorzeitig seinen Vertrag auflöst. Dieser Schritt geschah auf Wunsch des Aufsichtsrates, um die anstehenden Planungen für die kommende Saison voranzutreiben. Und für die zeichnet nun Dr. Thomas Wüstefeld verantwortlich. Der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende der HSV Fußball AG ergänzt den Vorstand in kommissarischer Funktion für ein Jahr, nachdem ihn seine Ratskollegen ins operative Führungsgremium zu Jonas Boldt entsendet hatten. Vereinspräsident Marcell Jansen übernimmt für diesen Zeitraum erneut die Rolle des Aufsichtsratsvorsitzenden.
Viel los also im Volkspark, wo Wettstein (Foto) sich am 4. Januar des gerade begonnenen neuen Jahres von seinem Team der Geschäftsstelle verabschiedete. „Es war großartig, diesen Verein über sieben Jahre gestalten und mitverantworten zu dürfen“, sagte er zum Abschied, der nun doch etwas früher gekommen war als geplant. „Es war mir eine Ehre.“ So ging der Vorstand durch die Vordertür und mit reichlich dankenden Worten und besten Wünschen im Gepäck. Und nahezu parallel dazu übernahm Dr. Wüstefeld sein neues Aufgabengebiet. Keine Zeit zu verlieren!
Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Die Pandemie ist natürlich – wie überall in der Gesellschaft – ein wichtiges Thema. „Uns ist bewusst, dass wir aufgrund der aktuellen Corona-Welle und ihrer Folgen erneut vor einer großen Herausforderung stehen, die Konsequenzen werden weit in die Zukunft Auswirkungen haben“, erklärte Wüstefeld eines seiner Hauptaufgabengebiete. „Wir wollen und müssen den Club in dieser schwierigen Situation über den Sommer hinaus stabilisieren und die nächsten Entwicklungsstufen anpeilen.“ Sprach’s und machte sich direkt ans Werk – und auf den Weg dorthin, wo zu diesem Zeitpunkt ebenfalls hart gearbeitet wurde: nach Sotogrande. Vor Ort im spanischen Trainingslager folgten viele intensive Gespräche mit Dr. Eric Huwer, Direktor Finanzen, und Vorstandskollege Jonas Boldt, um sich gemeinsam bestmöglich für die Zukunft auszurichten. Und welche Aufgaben hierbei im Vordergrund stehen, darüber gab der neue Vorstand via HSV-Medien Auskunft:
Dr. Thomas Wüstefeld über…
… das Zustandekommen seines Positionswechsels: Schon während meiner Einarbeitung als Aufsichtsratsvorsitzender habe ich wertvolle Einblicke zur Entwicklung der HSV Fußball AG bekommen. Darüber hinaus haben wir im Aufsichtsrat angesichts der weiteren Pandemie-bedingten Einschnitte schnell die Notwendigkeit identifiziert, diverse Themen, die Relevanz über die Saison hinaus haben, bereits jetzt anzugehen. Um einen Vorstandswechsel inmitten eines solchen laufenden Umstellungsprozesses im Sommer zu vermeiden, hat der Aufsichtsrat das Gespräch mit Frank Wettstein gesucht, um Möglichkeiten einer einvernehmlichen Trennung bereits vor Ende der Saison auszuloten. Um andererseits aber mit der gebotenen Ruhe an einer langfristigen Nachbesetzung der Position von Frank Wettstein arbeiten zu können und die angestoßenen Prozesse mit einer gewissen Kontinuität zu begleiten, haben mich die anderen Aufsichtsräte dann gefragt, ob ich mir eine kommissarische Entsendung in den Vorstand, die ja schon aktienrechtlich auf maximal ein Jahr begrenzt ist, vorstellen könne.
Der neue Vorstand Dr. Thomas Wüstefeld machte sich unmittelbar nach seiner Ernennung auf den Weg ins Trainingslager der Bundesliga-Mannschaft, um gemeinsam mit dem vor Ort weilenden Vorstand Jonas Boldt sowie mit dem Direktor Finanzen, Eric Huwer (v.l.n.r.), in den intensiven Austausch zu treten und schnellstmöglich die Weichen für die Zukunft zu stellen.
… seine Herangehensweise: Oft war es beim HSV in der Vergangenheit so, dass ein Hauptdarsteller verpflichtet und das Drehbuch für ihn angepasst wurde oder er es sogar formuliert und entsprechende Besetzungen selbst entschieden hat. Das müssen und wollen wir verändern. Wir werden ein Drehbuch für den HSV entwerfen, das natürlich auch immer wieder an die aktuellen Entwicklungen angepasst wird, aber in den Grundzügen den gemeinsam definierten Leitplanken entspricht. Auf dieser Basis sollen dann Positionen besetzt werden, auch Hauptdarsteller. Meine Person bzw. die Bedeutung meiner Person ist dabei unerheblich. Ich orientiere mich an Prozessen und an Themen. Als Führungskraft bin ich ein Teamplayer, ich übertrage gern Verantwortung und möchte meine begrenzte Zeit als kommissarischer Vorstand, die ich mir nicht vergüten lasse und in der ich pro bono arbeite, bestmöglich nutzen, um die Entwicklung des HSV zu einem noch wettbewerbsfähigeren Verein im deutschen Profifußball weiter voranzutreiben.
… seine ersten Maßnahmen: Zunächst einmal geht es – und zwar stetig – um einen engen Austausch mit meinem Vorstandskollegen Jonas Boldt. Und dann stehen gerade auch in Anbetracht der zu erwartenden Einbußen in diesem Geschäftsjahr sehr viele Gespräche zur Stabilisierung der HSV-Gesamtlage an, darüber hinaus viele zukunftsträchtige Gespräche für die kommenden Spielzeiten u. a. mit Banken, mit der Stadt, mit Sponsoring-Partnern und mit unserem Vermarkter. Außerdem gibt es natürlich auch sehr aktuelle Themen. Eines hiervon war die schnelle Kontaktaufnahme zur Hamburger Politik, um die nicht nachvollziehbare Corona-Behandlung und den angedachten Zuschauerausschluss abzuwenden. Da gab es viel Gesprächs- und Erklärungsbedarf und viel zu leistende Überzeugungsarbeit, die in der Kürze der Zeit zumindest eine kleine Verbesserung gebracht hat. So wollen wir weiterarbeiten.