Von der Halbinsel in die große, weite (Fußball-)Welt
Peter Noglys Wurzeln liegen auf dem Priwall. Hier wuchs er auf und war schon früh sportlich aktiv. Immer am Rumbutschern, immer in Bewegung, meist dribbelnd, mit einem Ball am Fuß oder in der Hand. Auf dem weichen Sand des kleinen Strandes ließen sich die waghalsigen Kunststücke der großen Idole prima und vor allem ohne blaue Flecken nachahmen. Anfangs waren das die spektakulären Robinsonaden der Torhüter Toni Turek, Fritz Herkenrath oder Hans Tilkowski, später die Fallrückzieher und Flugkopfbälle eines Uwe Seeler. Doch die Spielfelder auf der etwa drei Kilometer langen Halbinsel waren – naturgemäß – begrenzt: Im Norden von der Ostsee, im Westen von der Trave, im Süden vom Haff der Pötenitzer Wiek. Nach Osten gab es viele Jahre lang überhaupt kein Durchkommen: Sperrgebiet! Bis 1990 verlief hier der nördlichste Teil der innerdeutschen Grenze. Anders als heute war der Priwall deshalb nicht auf dem 35 Kilometer langen Landweg über Dassow erreichbar. Einzige Verbindung zum „Festland“: die Fähre über die Trave.
Doch die große, weite Welt hatte der junge Peter (Traumberuf: „Seemann“) schon früh im Sinn. Und permanent im Blick: Wahrzeichen des Priwalls ist schließlich die „Passat“. Der Viermast-Frachtsegler, der einst als einer der legendären „Flying P-Liner“ die Weltmeere befuhr und 39-mal das berüchtigte Kap Hoorn umrundete, ist seit 1960 als stationäres Museumsschiff, Jugendherberge und Veranstaltungsort im Segelschiffhafen an der Travemündung aufgelegt. Ein paar Meter weiter, rechts vom Anleger der Priwall-Fähre, dort, wo sich heute eine Seniorenresidenz befindet, war von 1898 bis 1986 die Schlichting-Werft beheimatet. Hier absolvierte Peter Nogly eine Ausbildung zum Maschinenschlosser.
Die Viermastbark „Passat“, „Heimathafen“ seit 1960: der Travemünder Priwall.
FC Bayern? Huddersfield Town? HSV!
Der erste sportliche Karriereschritt führte Nogly rüber auf die linke Trave-Seite. Von 1953 an, mit sechs Jahren, begann er beim TSV Travemünde mit dem organisierten Handballspielen und Kicken (anfangs als Torwart) und durchlief in den folgenden elf Jahren alle Jugendmannschaften des Vereins. Als A-Jugendlicher ging’s dann 1964 zum Lübecker Stadtteil-Club Eichholzer SV. Die Qualitäten des Youngsters vom Priwall waren offensichtlich, so dass er bald für die 1. Herren-Mannschaft freigeholt wurde und nach nur einer Saison weiter zum ambitionierten Amateurligisten Phönix Lübeck zog. Dort hatte Trainer Reinhold Ertel zahlreiche weitere Talente aus der Region versammelt, die sich, unterstützt von einigen erfahrenen Recken, fortan als „Ertels Kindergarten“ mit fulminantem Angriffsfußball in die Herzen der Fans spielten. 1967 gelang der Aufstieg in die damals zweitklassige Regionalliga, in der der Phönix seinen Höhenflug fortsetzte, eine gute Rolle spielte und mehrfach über 10.000 Zuschauer an die Travemünder Allee lockte und deren morsche Holztribünen bedenklich zum Knarzen brachte.
Höhenflüge mit dem Phönix: Amateur Nogly (M.) auf der Kieler Waldwiese im Februar 1967 beim 2:1-Auswärtssieg beim VfB Kiel
Foto: Stadtarchiv Kiel
Tauziehen um Nogly (Abendblatt-Schlagzeilen vom Mai 1969): Bayern oder HSV?
Starke Leistungen, die weit über die norddeutsche Tiefebene hinaus Aufmerksamkeit erregten. Im Frühjahr 1969 folgten Peter Nogly und sein dreieinhalb Jahre älterer Phönix-Mitspieler Siegfried Beyer einer Einladung und flogen in einer Geheim-Aktion nach München, um mit Bayern-Manager Robert Schwan über einen Wechsel an die Isar zu verhandeln. „Eigentlich war alles klar“, erinnert sich Nogly. „Wir beide hatten den Bayern im Prinzip zugesagt.“ Nur: Unterschrieben war noch nichts. Mit Phönix ging es anschließend auf eine Gastspielreise nach England. Und beim Spiel gegen Huddersfield Town zog Nogly derart stark auf, dass auch dort Begehrlichkeiten geweckt wurden: „Die wollten mich gleich dabehalten und boten 100.000 Pfund. Das war damals umgerechnet in etwa das Zehnfache dessen, was Phönix als fixe Ablöse von den Bayern bekommen hätte.“ Nun ging es Schlag auf Schlag: Nogly und Beyer mussten den Phönix-Verantwortlichen von ihren Bayern-Verhandlungen beichten, das Ganze wurde öffentlich und verursachte Anfang Mai 1969 ein kurzes, aber heftiges Rauschen im Blätterwald. Die BILD-Zeitung ätzte: „Der HSV schläft wieder!“ Derart aufgeweckt mischten sich die Hamburger ins Tauziehen um das Lübecker Talent ein. „Fußballchef“ Schorsch Knöpfle besuchte das Phönix-Spiel gegen Göttingen. Dessen knappes, aber vielsagendes Urteil über Nogly: „Ein guter Mann, der am Ball eine Menge kann, hart ist und viel Spielverständnis besitzt.“
München oder Hamburg? Kumpel Siggi Beyer tendierte klar zum HSV. „Mir war es eigentlich egal. Finanziell unterschieden sich die Angebote damals auch nicht großartig“, erinnert sich Nogly. „Die sportliche Perspektive gab letztlich den Ausschlag. Ich wollte bloß Fußballspielen. Und beim HSV gab es damals einen Umbruch mit vielen jungen Spielern. Von daher rechneten Siggi und ich uns gute Chancen aus, auch zu spielen. Bayern hatte zwar auch eine ziemlich junge Truppe, doch die war schon auf dem aufsteigenden Ast. Da wäre es sicher etwas schwerer gewesen, hineinzukommen.“
HSV-Neuzugänge 1969 (v.l.): Peter Nogly, Klaus Zaczyk, Nobert Hof und Siegfried Beyer.
HSV-Debüt: Der lange Peter an der „Langen Anna“
„Uwe war mein Idol – ein Wahnsinnsgefühl für mich, vor allem mit ihm, aber auch mit Willi Schulz und Charly Dörfel zusammenspielen zu dürfen.“ Was Peter Nogly an Uwe Seeler besonders imponierte? „Er war wie ich – er war unglaublich ehrgeizig und konnte nicht gut verlieren.“ Weniger beeindruckt, ja geradezu enttäuscht, war Nogly dagegen von seinen ersten Trainingseinheiten beim HSV. Die Vorbereitung auf die Serie 1969/70 stieg auf Helgoland: „Wir sind da mit dem Schiff hin – die Hälfte der Mannschaft war seekrank. Dann haben wir eine Woche lang barfuß am Strand gekickt. Und abends standen Fünf-Liter-Fässchen Bier auf den Tischen. Das war’s.“ Immerhin: Auf der Hochseeinsel in der Nordsee gab Nogly am 23. Juni 1969 beim freundschaftlichen 8:1 über den VfL Fosite Helgoland sein Debüt im Rauten-Dress. Der Beginn einer Ära, an deren Ende elf Jahre später 634 Einsätze für die Liga-Mannschaft des HSV standen.
Weitere bemerkenswerte Daten der Nogly-Vita: Sein erstes HSV-Tor gelang dem Halbinsulaner am 8. August 1969 ebenfalls auf einem Eiland; beim Turnier um die „Trofeo Ciudad de Palma“ auf Mallorca traf er im Elfmeterschießen gegen den FC Barcelona. Acht Tage später folgte die Pflichtspiel-Premiere beim 2:1 im Bundesliga-Heimspiel gegen Kaiserslautern. Auf seinen ersten Pflichtspiel-Treffer muss Nogly dann aber bis zum Saisonabschluss Anfang Mai 1970 beim 5:1 über Eintracht Frankfurt warten. Dafür war es ein ganz besonderes Tor, nämlich das erste von insgesamt lediglich 13, die der HSV in der Bundesliga in der „Alten Heimat“, dem Sportplatz am Rothenbaum, erzielte, wohin man zwischen 1971 und 1972 wegen des Umbaus des Volksparkstadions für die Weltmeisterschaft noch sechsmal zu Punktspielen zurückkehrte.
Moin und Tschüs! Zwischen diesen Fotos liegen knapp elf Profi-Jahre mit 320 Erstliga-Einsätzen: Peter Nogly am 16. August 1969 bei seinem Bundesliga-Debüt gegen Kaiserslautern mit Angreifer Jürgen „Atze“ Friedrich (Abb. 1) und am 31. Mai 1980 bei seiner Verabschiedung vor dem Spiel gegen Schalke durch Präsident Dr. Wolfgang Klein (Abb. 2).
Zu diesem Zeitpunkt hatte sich Nogly längst einen Stammplatz erarbeitet und war auch sonst in Hamburg, wo er mit seiner damaligen Frau Helga und Siggi Beyer in der Gustav-Leo-Straße 2 eine harmonische Wohngemeinschaft bildete, bestens angekommen. Nur mit der Trainingsintensität fremdelte er nach wie vor: „Wir haben die Saison über einfach jeden Tag Abwehr gegen Sturm gespielt“, wundert sich Nogly noch heute. „Unglaublich! So richtig ausgelastet war ich damit nicht. Also musste mein Hund dran glauben. Ich bin jeden Tag mit ihm durch Eppendorf gelaufen, um wenigstens halbwegs auf das Fitness-Niveau zu kommen, das ich für mein Spiel brauchte.“
„Eiche“
In der HSV-Abwehr stand Peter Nogly als Vorstopper und Manndecker und später als Libero wie ein knorriger Baum. Unverwüstlich und verlässlich. Einer, der keine Trainingseinheit sausen ließ, selbst mit 39 Grad Fieber nicht. Ausgerechnet eine der wenigen Verletzungen produzierte Noglys bis heute gebräuchlichen Spitznamen: Als der Verteidiger bei der Messepokal-Partie im belgischen Gent einen Ellbogen ins Gesicht bekam und einen vierfachen Jochbeinbruch erlitt, kommentierte Torhüter Gert Girschkowski: „Jetzt ist die Eiche gefällt.“
Spitznamensgeber: Torwart Gert Girschkowski.
Nogly setzte seine Robustheit und Körperlichkeit sehr bewusst und rational ein. Trotz aller Härte und Kompromisslosigkeit gegen sich selbst und seine Kontrahenten flog er während seiner ganzen Karriere nicht einmal vom Platz. Hart, aber in der Regel fair, Freund und Meister des gepflegten Pressschlags. Nogly erzählt lachend: „Ich kam selten zu spät, war meist schon da und stand dem Gegner immer ganz gut im Weg. Die meisten meiner Gelben Karten habe ich deshalb auch nicht wegen Fouls, sondern wegen Meckerns bekommen.“ Und ihm ist wichtig zu betonen: „Auch Elfer habe ich so gut wie nie verursacht. Einmal in Bochum gab es einen, als meine Hand angeschossen wurde“ (12/1976, den Kumpel Rudi Kargus dann auch noch hielt; Anm. d. Red.).
Offensiv-Verteidiger
„Ich kam als offensiver Mittelfeldspieler zum HSV, fing dann aber als Vorstopper an. Doch für mich war es immer zu wenig, nur gegen den Mann zu spielen, ich wollte auch am Spiel nach vorne teilnehmen.“ Allein 52 Pflichtspiel-Tore für den HSV belegen, dass auch das bestens funktionierte.
Noglys wichtigster Treffer? „Vielleicht das 1:0 im DFB-Pokal-Finale 1976 gegen Kaiserslautern.“ Das schönste? „Mein Flugkopfball gegen Gladbach war hübsch – ein ,Tor des Monats‘. Und ein paar ordentliche Fernschüsse waren auch dabei. Der genaue, gerade Spannstoß war meine Spezialität.“
Eine dieser Fackeln, ein 30-Meter-Strahl ins rechte, untere Toreck zum Saisonauftakt 1978/79 gegen Mönchengladbach, löste einen legendären und folgenschweren Dialog mit dem Trainer aus. Peter Nogly erinnert sich: „Branko Zebec kam nach dem Spiel zu mir und meinte, ich solle das lassen, nach dem Motto: Aus so einer Entfernung schießt man nicht aufs Tor! Das sei normalerweise ein Ballverlust. Ich entgegnete verwundert: ‚Aber der war doch drin!‘ Doch Zebec sagte nur: ‚Zufall!‘ und verbot mir quasi zukünftig solche Aktionen. Für ihn war ich gut, wenn ich hinten abräumte und nach Balleroberungen die Kugel bei Felix Magath ablieferte, der dann das Spiel machen sollte. Mir hat das nicht gereicht, sondern den Spaß genommen und letztlich auch ein bisschen meinen Abschied vom HSV befördert und erleichtert.“
Eiche rustikal: Nogly als kompromissloser Abwehrrecke (o., 5/1980 vs. VfB Stuttgart) und gefürchteter Fernschütze (u., 8/1975 vs. K‘lautern).
Kapitän und Fan-Liebling
„Das Training bei Zebec war für mich ideal. Branko trainierte extrem hart, hörte auch nicht auf, wenn die Grenze erkennbar überschritten war. Ich habe das geliebt, habe voll durchgezogen und bin meist vorneweg gelaufen. Hinterherlaufen war einfach nicht mein Ding. Einige Mannschaftskollegen haben mir das übel genommen. Kevin Keegan hat mich deswegen bei einer Laufeinheit sogar mal aus Wut umgetreten.“
Die HSV-Trainer hingegen schätzten diesen Charakterzug und die stets profihafte Einstellung Noglys umso mehr. Als Schorsch Volkert im April 1976 beim Bundesliga-Heimspiel gegen den FC Bayern nach seiner Auswechslung die Kapitänsbinde im Brass Präsident Dr. Peter Krohn vor die Füße warf und so für einen Eklat sorgte, wurde Nogly sein logischer Nachfolger. Insgesamt 118-mal führte er den HSV auf den Bundesliga-Rasen.
Und wenn Fans für einen Spieler einen eigenen Gesang kreieren, sagt das erst recht eine Menge aus. Im Falle Nogly geschehen Ende der 1970er Jahre, als eine Cover-Version des Schlagers „Schmidtchen Schleicher“ in der Westkurve des Volksparkstadions und in den HSV-Auswärtsblöcken der Republik populär wurde.
Spuren hinterlassen: Peter Noglys Fußabdruck auf dem „Walk of Fame“ des HSV
Das Original, getextet vom Hamburger Liedermacher und Kabarettisten Hans Scheibner und ab 1976 gesungen vom niederländischen Entertainer Nico Haak, hielt sich immerhin 33 Wochen in den deutschen Single-Charts und kletterte dort bis auf Platz 4. Die HSV-Adaption, dargeboten von einem Fan auf Auswärtsfahrt via Bus-Mikrofon-Performance, ist eine YouTube-Perle sondergleichen. Ohrwurm-Potential bis heute. Reine Stehplatz-Lyrik! Textprobe: „Oh, Peter Nogly mit den elastischen Beinen / Wie der gefährlich aus der Hüfte schießen kann! / Der Gegner wundert sich und fängt dann an zu weinen / doch Peter Nogly schleicht sich immer wieder an …“
Guck- und Hör-Empfehlung: „Oh Peter Nogly mit den elastischen Beinen …“
Weitere Ausdrücke von Noglys Legenden-Status: 2006 zählte das Ehrenmitglied neben Harry Bähre, Charly Dörfel, Manni Kaltz, Kuno Klötzer, Hermann Rieger und Willi Schulz zu den Ersten, die den mittlerweile rund 50 Personen umfassenden „Walk of Fame“ um den großen Uwe-Seeler-Fuß an der Nord-Ost-Ecke des Volksparkstadions eröffneten. Noch etwas exklusiver: Als die HSV-Fans anlässlich des 125. Vereinsjubiläums im Jahr 2012 per Internet die „Jahrhundert-Mannschaft“ wählten, schaffte es Nogly ebenfalls ins nur 18-köpfige Aufgebot – in der Abwehr neben Weltmeister Jupp Posipal, Schulz, Kaltz und Ditmar Jakobs.
Da sind die Dinger! Als Kapitän war Peter Nogly erster Empfänger und prominenter Präsentator von DFB-Pokal (1986, Abb. 1), Europacup (1977, Abb. 2) und Meisterschale (1979, Abb. 3).
Titel- und Momente-Sammler
„Wie ein Phönix aus der Asche“ – diese Zeile trifft Peter Noglys HSV-Zeit ganz gut. Vom Fast-Absteiger beim Generationenwechsel nach den Abschieden von Uwe Seeler 1972 und Willi Schulz 1973 entwickelte sich der HSV Stück für Stück zum europäischen Spitzenteam. Nogly erklärt: „Der Umbruch mit vielen jungen Spielern kam etwas zu abrupt. Das wäre beinahe schief gegangen. Wir haben uns richtig da unten rausackern müssen.“ Erst als „Kampfmaschine“ Horst Heese verpflichtet wurde, bekam der HSV die Kurve. Nogly: „Heese führte den ,After-Seven-Klub‘ am Montagabend in der Kneipe von Özcan Arkoc in Niendorf ein. Da gab es viele Getränke, auch alkoholische, und klare Worte. Das half.“
Die Saison 1972/73 wurde nicht nur mit dem Klassenerhalt, sondern auch dem Sieg im DFB-Ligapokal gekrönt. Weitere Silberware folgte: erst der DFB-Pokal (1976), dann der Europacup (1977) und schließlich die Meisterschale (1979). Die absolute Krönung zum Abschied blieb Nogly indes verwehrt. Zu Saisonende 1980 verspielte der HSV erst unnötig die Bundesliga-Titelverteidigung und anschließend in Madrid gegen Nottingham Forest trotz großer Überlegenheit auch den Sieg im Landesmeister-Cup. Für Nogly „meine größte Niederlage“. Doch der Wettbewerb bescherte ihm (und vielen Augenzeugen) auch das absolute Highlight seines Fußballer-Lebens: Das 5:1 im Halbfinale gegen Real Madrid im Volkspark: „Das war gigantisch! Nach dem 0:2 im Bernabéu spielten wir die ganze Nacht Karten und schworen uns: Die packen wir im Rückspiel.“ Das gelang. Extrem furios!
Nogly für Deutschland: Debüt in der A-Auswahl im Februar 1977 in Paris (4. v.l., neben Franz Beckenbauer, TW Sepp Maier und Kalle Rummenigge).
Auswahlspieler
Ein Junioren- und vier A-Länderspiele für Deutschland – immerhin. Es hätten eigentlich noch ein paar mehr sein können und dürfen. 1976 gehörte Peter Nogly zum DFB-Aufgebot für die EM in Jugoslawien und galt anschließend, nach dem Rücktritt Franz Beckenbauers aus der Nationalelf, als kommender Mann für die Libero-Position. „Bundestrainer Helmut Schön hatte mir signalisiert, dass ich gleich in den kommenden Länderspielen meine Chance bekommen würde.“ Doch dazu kam es nicht. Gleich zu Saisonstart 1976/77 brach sich der HSV-Kapitän bei einem üblen Tackling seines Gegenübers Günter Leufgen von SW Essen das Wadenbein. „Das war richtig schlimm für mich“, erinnert sich Nogly noch genau. „Ich war ungeduldig, versuchte alles, ging gleich am nächsten Tag aufs Fahrrad-Ergometer und begann sofort, als der Gips ab war, mit dem Lauftraining. Doch ich konnte nicht laufen, hatte große Schmerzen und fiel insgesamt 13 Wochen aus.“ Das Debüt in der A-Nationalelf musste warten. Am 23. Februar 1977 in Paris war es dann aber soweit. Drei weitere Einsätze auf einer erlebnisreichen Süd- und Mittelamerika-Reise folgten.
Übern großen Teich und retour
Auch wenn aus dem ursprünglichen Berufswunsch „Seemann“ bekanntlich nichts wurde – reichlich auf der Welt rumgekommen ist Peter Nogly auch als Fußballer. Mit dem HSV beispielsweise außer im Europacup auch auf weiten Auslandstourneen in Nord- und Mittel- (Jahreswechsel 1970/71: Mexiko + USA) sowie Südamerika (6/1972: Brasilien) oder im Fernen (Jahreswechsel 1971/72: Hongkong, Indonesien, Japan und 1/1980: nochmal Hongkong) und Nahen Osten (3/1978: Saudi-Arabien, 2/1980: Kuwait).
Besonders geboostert wurde Noglys Flugmeilen-Konto aber nach dem Abschied aus Hamburg während seiner Zeit in der North American Soccer League (NASL): Binnen weniger Tage Spiele in San Diego/Kalifornien, zuhause in Edmonton/Kanada, dann in New York, Portland/Oregon oder Fort Lauderdale/Florida. „Das war schon der absolute Wahnsinn! Trainiert haben wir da zeitweise gar nicht. Wir haben eigentlich nur gespielt oder im Flieger gesessen.“ Für Trainingsfan Nogly waren die Jahre in Nordamerika dennoch eine „richtig tolle Zeit“ mit bleibenden Eindrücken. Ein Traumtor gegen Franz Beckenbauers Cosmos New York schildert er so detailliert, als hätte er es erst gestern geschossen: „Ecke für uns. Ich stand am 16er. Der Ball wurde abgewehrt, kam zu mir. Wim Rijsbergen stürzte auf mich zu. Ich lupfte mit rechts den Ball über ihn rüber und schoss die Kugel dann per Drop-Kick mit links genau in den Winkel!“
Bodenständiger Groundhopper
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland 1983 spielte Nogly für Hertha BSC und den FC St. Pauli noch zwei Saisons hochklassig in der Liga 2. Die Schuhe an den Nagel hängen? Für einen Fußball-Verrückten wie ihn kam das nicht in Frage. Im Prinzip bis heute nicht. Logisch, ja geradezu unausweichlich, dass Peter Nogly Trainer werden würde. Schon 1979 hatte er heimlich (Branko Zebec war nicht erfreut) den SC Egenbüttel nahe seines langjährigen Wohnorts in Ellerbek trainiert. Es gab Gespräche über eine HSV-Rückkehr als Co-Trainer von Ernst Happel, und nach Ende seiner Profi-Zeit folgten zahlreiche z.T. recht erfolgreiche Engagements bei ambitionierten Amateurklubs im südlichen Holstein und in und um Hamburg (siehe Kasten).
1989 schloss Nogly in Köln unter Ausbildungsleiter Gero Bisanz erfolgreich den DFB-Lehrgang zum Fußball-Lehrer ab, gemeinsam mit reichlich prominenten Kollegen wie Bum-kun Cha, Ewald Lienen, Felix Magath, Benno Möhlmann, Uwe Reinders, Jupp Tenhagen oder Gerd Zewe.
Nimmermüder Aktiv-Posten: Nach der Karriere als Profi-Fußballer glänzte Nogly auch im Spiel mit der Filzkugel (Abb. 1, 2001 mit Heinz Gründel), dem Puck (Abb. 2) oder natürlich weiterhin dem Fußball (Abb. 3, 2004 vs. Thomas Doll beim Abschiedsspiel für Hermann Rieger).
Ewiger Sportler, ewiger HSVer
Er ist noch immer eine beeindruckende „Eiche“. Bis ins hohe Alter zehrt Peter Nogly von seiner Vitalität, war und ist sportlich sehr aktiv. Seit Jahren schwingt er regelmäßig und leidenschaftlich den Golfschläger – um die Ecke seinen Wohnorts in Wakendorf II auf der Anlage auf Gut Wulfsmühle in Tangstedt oder gemeinsam mit „meinen Phönixern“ mit Ostseeblick in der alten Heimat im Lübeck-Travemünder Golf-Klub am Brodtener Ufer.
Treu verbunden ist Nogly auch dem HSV geblieben. Zeitweilig sogar in offizieller Funktion: Nachdem sich die Initiative „HSVplus“ durchgesetzt hatte, fungierte er von Juli 2014 bis Januar 2017 als Aufsichtsratsmitglied. Anders als bei vielen seiner Ex-Mitspieler und Altersgenossen sind auch die Stollenschuhe nach wie vor geputzt und einsatzbereit. Viele Jahre für Spiele in der „Uwe-Seeler-Traditionself“ oder der „HSV-Altliga“, mittlerweile für die neuformierte HSV-Traditionsmannschaft. „Corona-bedingt konnten wir ja nun leider länger nicht spielen. Aber wenn es wieder losgeht und ich mich dann noch bewegen kann, bin ich wieder dabei und freue mich auf die Spiele“, verspricht Nogly lachend. Eine extrem gute Figur machte er zudem unlängst als Foto-Modell, als er das aktuelle HSV-Auswärtstrikot präsentierte.
Zum 70. im Jahr 2017 „flüchtete“ Nogly mit seiner zweiten Ehefrau Barbara nach Dubai. Auch für den aktuellen Jubeltag war nochmal eine große Reise geplant. „Dorthin, wo es schön warm ist, vielleicht auf die Seychellen. Das haben wir aufgrund der aktuellen Pandemie-Lage aber erstmal verschoben.“ Gefeiert wurde deshalb zu Hause im Kreis der Familie mit den Töchtern Nicole und Nadine und den vier Enkeltöchtern. Wir reihen uns in die Gratulanten-Schar ein und sagen: Alles Gute, lieber Peter Nogly!
Nogly und der HSV – das passte … und passt noch immer: pretty in Pink (Abb. 1) und schmuck im aktuellen Streifenlook (Abb. 2).