Ogi, wie fühlt es sich an, am Tag nach einem Bundesliga-Spiel in der Zeitung etwas über sich zu lesen?
Ehrlicherweise kann ich das nicht beantworten, weil ich nach meinem Profidebüt keine Zeitung gelesen habe. Aber ich habe sehr viele Nachrichten über WhatsApp und Instagram bekommen, teilweise auch Zeitungsartikel per Screenshot. Mein Handy ist explodiert! Es haben so viele ehemalige Trainer, Mitspieler, Freunde, Bekannte und auch nur entfernte Bekannte an mich gedacht und mir gratuliert, das hat mich echt umgehauen. Es war so viel, dass ich das Handy erstmal einen Tag beiseitegelegt habe, um für mich selbst zu realisieren, dass gerade mein Kindheitstraum in Erfüllung gegangen ist.
Seit November des vergangenen Jahres trainierst du dauerhaft bei den Profis mit. Wie hast du es aufgenommen, als dir das Trainerteam um Daniel Thioune mitgeteilt hat, du darfst ab sofort „oben“ dabei sein?
Ich wurde nach dem Hinrundenspiel gegen Kiel in den Trainingskader berufen, genauso wie „Momo“ Kwarteng. Im ersten Moment war ich vor allem überrascht. Nicht, weil ich nicht daran geglaubt hätte, sondern weil ich zu dem Zeitpunkt einfach nicht damit gerechnet habe. Ich habe als erstes meine Eltern angerufen, die unfassbar stolz auf mich waren. Bis wir dann tatsächlich ins Teamtraining einsteigen konnten, sind allerdings noch ein paar Tage vergangen, da wir zunächst noch die Corona-Testung durchlaufen mussten. In diesen Tagen habe ich erst wirklich realisiert, was für eine Chance ich nun bekomme. Und mir wurde klar: Ganz egal, wie lange ich „oben“ dabei sein darf, ich will die Zeit nutzen, gebe Gas und mache das Beste draus.
Wenn es dann in der Zeitung Lob gibt, ist das toll. Aber auch mit öffentlicher Kritik muss man umgehen können. Wie händelst du das?
Harsche Kritik ist mir gegenüber noch gar nicht so viel geäußert worden. Natürlich bekomme ich mit, dass die Berichterstattung und der Tenor nach Niederlagen anders sind als nach Siegesserien. Auch über die sozialen Netzwerke erhalte ich immer mal wieder Nachrichten von Fans, die sich an meinem Spielstil stören. Kritik ist ja auch völlig okay und zu Teilen auch berechtigt. Insgesamt hält sich das in meinem Fall aber noch in Grenzen. Das mag auch daran liegen, dass ich noch nicht so viele Spielminuten erhalten habe. Ich biete noch nicht viel Angriffsfläche und versuche deshalb, einfach bei mir zu bleiben.
Und wie waren die Reaktionen deiner alten Kollegen aus der U21 auf dein Profi-Debüt?
Die haben sich auch alle komplett für mich gefreut. Ich habe viele Nachrichten erhalten, teilweise haben sie Instagram-Storys erstellt, in denen sie mir gratuliert haben. Das war cool.
Die Saison der U21 ist weiterhin unterbrochen, noch ist unklar, ob, wann und in welchem Modus es weitergeht. Wie stehst du in aktuell in Kontakt zum Trainerteam und den Mitspielern der U21?
Persönlicher Kontakt ist schwierig. Im Campus sehe ich die Jungs nur zufällig und auf Distanz, aber wir dürfen uns dort aufgrund der Corona-Situation nicht lange oder gar nicht zusammen aufhalten. Auch die Zeiten in der Mensa sind beispielsweise bewusst so gewählt, dass wir getrennt voneinander ein- und ausgehen. Wir haben viel Kontakt über WhatsApp, aber persönlich derzeit leider kaum.
Du bist in Hessen geboren und aufgewachsen, hast deine gesamte fußballerische Jugend in deiner Heimat verbracht, ehe du mit 17 den Sprung nach Hamburg gewagt hast – ganz bewusst und weit weg von zu Hause. Wieso hast du dich für diesen Schritt entschieden?
Wie vermutlich alle Jungs wollte ich schon als kleiner Knirps unbedingt Fußballprofi werden. Wenn du aus Hessen kommst, bietet die Eintracht in Frankfurt die naheliegendste Möglichkeit, über ein NLZ ausgebildet zu werden. Das hat allerdings nicht geklappt. Über die Hessenauswahl bin ich dann in der U16 vom HSV gesichtet worden, durfte für vier Tage vorbeikommen und davon auch direkt zwei Tage mit nach Dänemark zu U17-Freundschaftsspielen reisen. Dass ich sofort so stark integriert wurde, hat mir sehr gefallen. Danach war für mich klar: Ich will das machen. Also bin ich zur U17 hierher gewechselt, was natürlich erstmal eine Umstellung war. Die anderen Jungs kannten sich zum Großteil schon, hatten bereits in früheren Jahrgängen zusammengespielt. Ich war der Neue und musste mich erstmal einfinden. Ich hatte allerdings das Glück, dass Bekannte meiner Familie aus Kassel, mit denen ich praktisch groß geworden bin, damals nach Hamburg gezogen sind. Ich habe dann bei ihnen gewohnt, das war super. Bezugspersonen aus der Kindheit hier zu haben, hat mir sehr geholfen. So hatte ich trotz der Distanz zu meinen Eltern ein familiäres Umfeld um mich herum und bin sehr schnell in Hamburg angekommen. Mittlerweile wohne ich zwar allein, aber der Kontakt ist immer noch sehr eng.
Apropos Eltern: Wie hat dich deine Familie auf die Distanz unterstützt? Wie ist das heute?
Meine Eltern freuen sich über meine Erfolge bis heute noch mehr als ich selbst. Sie fiebern von zu Hause aus mit, wir stehen in einem ganz engen Austausch und sprechen häufig miteinander. Wenn nicht gerade Corona wäre, dann wären sie auch in dieser Saison schon häufiger in Hamburg und bei meinen Spielen gewesen.
Bei deinen vorherigen Vereinen KSV Baunatal und Hessen Kassel hast du bereits frühzeitig im höherklassigen Jugendfußball gespielt. Wie hast du die Umstellung ins NLZ hier in Hamburg wahrgenommen?
Der Tagesablauf war grundsätzlich ähnlich wie in Kassel, da ich auch dort oft trainiert habe. Die Intensität war aber ganz anders. Ich habe damals auf St. Pauli gewohnt und bin auf dem Gymnasium Heidberg zur Schule gegangen. Nach der Schule ging es direkt zum Training und dann in etwa um 21 Uhr mit dem Fahrdienst nach Hause. Das war Tag für Tag mein Tagesablauf, der sich komplett um den Fußball gedreht hat. Meine Fußballkollegen waren immer um mich herum – in der Schule, auf dem Platz, in der Tagesbetreuung. Alles andere hatte für mich keine große Priorität. Das war rückblickend eine anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Zeit. Ich wurde damals zunächst als Achter eingesetzt und zum ersten Mal ausführlich mit taktischen Formationen und Feinheiten konfrontiert.