Als Torhüter ist man nicht immer der Held, der die Eins-gegen-eins-Situation gewinnt oder im Elfmeterschießen einen Schuss zum Sieg pariert, sondern jeder Fehler kann auch direkt zum Gegentor führen, so dass man schnell zum Buhmann wird. Wie gehst du mit dieser besonderen Drucksituation um?
Es muss dir bewusst sein, dass im Torwartspiel Fehler dazugehören, aber du darfst diesen Aspekt nicht zu nah an dich heranlassen. Ich gehe nie in ein Spiel und denke: Hoffentlich passiert mir heute kein Fehler. Ich versuche, ein sehr kontrolliertes Spiel abzuliefern und dann kommen die guten Szenen von ganz allein. Wenn doch mal ein Fehler passiert, dann gilt es, diesen hinter sich zu lassen und in den nächsten Aktionen wieder das normale Spiel fortzusetzen. Mit diesem Mindset gehe ich in die Spiele.
Was zeichnet in deinen Augen heutzutage generell einen guten Torhüter aus und in welchen Aspekten hat sich das Torwartspiel gewandelt?
Die Basics sind wichtig. Du brauchst ein gutes Positionsspiel. Das vereinfacht das Torwartspiel. Wenn du dich zuvor gut vorbereitet hast, dann ist es am Ende einfacher, auf der Linie die Bälle zu halten. Davon bin ich überzeugt und das ist speziell in dieser Saison unser Ansatz. Wir wissen immer, was auf eine Aktion des Gegenspielers folgt. Eine gute Vorpositionierung ist also sehr wichtig. Hinzu kommt der fußballerische Aspekt. Ein Torhüter wird heutzutage viel mehr als zusätzlicher Feldspieler gebraucht. Er kann immer die Lösung sein, das Spiel fortzusetzen, wenn die Vorderleute unter Druck geraten, speziell auch in unserem System. Das ist sicherlich die größte Veränderung in den vergangenen Jahren.
Wer ist diesbezüglich das Nonplusultra auf dieser Position?
Manuel Neuer ist sicherlich der kompletteste Torhüter. Jeder Torhüter hat seine Fähigkeiten, aber er vereint sämtliche Aspekte des Torwartspiels. Darüber hinaus sehe ich gern Marc-André ter Stegen und Ederson von Manchester City. Das sind meine drei Favoriten.
Im Torwartspiel geht es also nicht mehr nur um die Torverhinderung, sondern auch um das Spiel mit dem Ball. Hier kommt dir deine fußballerische Ausbildung entgegen. Fühlst du dich mit dem Ball am Fuß eigentlich ebenso sicher wie mit deinen Handschuhen zwischen den Pfosten?
Absolut. Überall, wo ich stehe, ist mein Gebiet. Ansonsten würde ich mich nicht außerhalb des Strafraums bewegen. Für mich gehört das Fußballerische mittlerweile genauso dazu. Ich bin auch davon überzeugt, dass es eine Grundvoraussetzung für einen guten Torwart ist, beidfüßig zu sein. Es gibt so viele Drucksituationen, in denen du die Möglichkeit haben musst, die Situation sauber zu lösen. Ich mag dieses komplette Torwartspiel.
Beim HSV wird die Einbindung des Torhüters ins Offensivspiel unter Trainer Tim Walter in dieser Saison sehr stark forciert. Wie fühlt sich das an?
Ich fühle mich total wohl damit. Diese Spielweise ist zugleich Anreiz und Herausforderung. Es ist schön, dass mittlerweile eine richtige Entwicklung zu erkennen ist. Wir sind von Woche zu Woche besser geworden. Es ist die größte Bestätigung, wenn du irgendwann auf dem Platz spürst, dass es funktioniert, dass das, was du hinten fabrizierst, einen enormen Einfluss auf das Spiel und die freien Räume vorn hat.