Zehn Jahre TOM MICKEL, zehn Jahre HSV und zehn Jahre Team­work, Un­eitel­keit und Mann­schafts­dien­lich­keit. Eine lange Zeit mit vielen besonderen Momenten, auf die der 32-Jährige im HSVlive-Maga­zin zurück­blickt. Ein Jahrzehnt in Bildern.

Die HSV-Loge im 3. Stock des Volks­park­stadions ist her­gerichtet. Viele, viele Fotos aus den vergan­genen zehn Jahren hängen und liegen hier und warten auf ihren Haupt­prota­go­nisten: Tom Mickel, der seit nun­mehr zehn Jahren (2009 bis 2012 und seit 2015) in Diensten des HSV steht, auch als dritter Tor­wart dem Mann­schafts­rat der Profis ange­hört und dessen Wort auf­grund seiner Erfahrung, Menta­lität und HSV-Historie Gewicht hat. Und das, obwohl „ich am Ende meiner HSV-Zeit keine 500 Spiele gemacht haben werde und man mir keine Statue vors Stadion bauen wird“, wie Mickel es in der ihm ganz eigenen und herr­lich unauf­geregten Art formuliert. Er steht eben für andere Dinge, die gerade in heutigen Zeiten eben­falls eine hohe Bedeutung haben. „Ich identi­fiziere mich zu 100 Prozent mit dem HSV, mit Hamburg, mit unserer Mann­schaft und allen Fans. Deshalb bin ich stolz, dass ich jetzt seit zehn Jahren für den HSV aktiv bin.“ Wenn auch meist als Nummer zwei oder drei. Aber immer als wichtiger Teil des Teams. „Sechs- oder sieben­mal habe ich einen neuen Vertrag beim HSV bekommen – immer von anderen Sport­direk­toren. So viel kann ich also nicht falsch ge­macht haben, wenn ich versuche, in jedem einzelnen Training der beste Tor­hüter zu sein und dem Trainer zu zeigen: Du kannst auf mich bauen, du kannst mich spielen lassen. Und auch nicht mit meiner Art, mich nicht in den Vorder­grund zu drängeln, sondern meine Rolle in der Mann­schaft anzu­nehmen und das Beste heraus­zuholen. Für uns, für den HSV. Darum geht es mir, dafür stehe ich. Ich bin Teil der Mann­schaft und des HSV und versuche jeden Tag voller Leiden­schaft, uns besser zu machen. Im Training, in der Kabine. Immer und überall. Das ist mir über die Jahre wichtiger geworden, als den Verein zu wechseln und irgend­wo in der 3. Liga noch ein paar Spiele zu machen.“ Und so blickt der dienst­älteste HSV-Profi auf spannende zehn Jahre zurück – und nimmt uns mit auf eine kleine Zeit­reise.

Mein erstes HSV-Foto! An den Moment erinnere ich mich noch sehr gut. Unser Zeug­wart Miro hat mir das Trikot gegeben, ich ziehe es an, und plötz­lich lachen alle. Ich schaue an mir herunter und sage: Miro, das Trikot ist ganz schön groß. Und er sagt: Naja, du bist Torwart. Und ich antwortete: Ja, aber ich habe eine andere Statur als er hier – und zeige dabei auf Frank Rost. Egal, es gab nichts anderes. Und so habe ich jetzt ein Er­innerungs­stück in einem Trikot, das sechs Nummern zu groß ist und auf dem ich als Tor­wart nicht mal Hand­schuhe trage. Anfänger eben! 

Das ist eine Szene aus dem Winter­trainings­lager in Belek. Es war eine der klassischen Tor­wart­übungen damals, bei der man über den anderen Keeper springen muss. Hier mit Frank Rost, der ein absolutes Ori­ginal ist. Seinen Respekt musste man sich hart er­ar­beiten. Am Anfang hatte ich keinen ganz leichten Stand bei ihm, aber mit der Zeit hat er gespürt, dass ich Gas gebe und hat das anerkannt. Alte Schule.

Wer kann schon von sich be­haup­ten, im Gesicht eine Narbe zu tragen, die ihm Ruud van Nistel­rooy ver­passt hat?! Ruud hat mich mit den Stollen voll im Ge­sicht erwischt, an zwei Stellen war alles offen und musste direkt am Platz genäht werden. Leider hat der Doc es zu gut gemacht, man sieht die Narben kaum noch… Aber es ist trotz­dem eine coole Erinnerung, denn mit einem Mann wie Ruud van Nistel­rooy zu­sammen­gespielt zu haben, ist natürlich unglaublich. Er hat mir nach der Geschichte sogar Narben­creme in der Apotheke gekauft, das muss man sich mal vor­stellen. Toller Typ!

Jaroslav Drobny, herrlich! „Drobo“ ist eigen, aber ein ab­solutes Original. Ich war damals die Nummer zwei hinter ihm, aber er war so un­glaub­lich normal und nett. Er hat mich immer überall mit hin­ge­nommen. Tom, wir gehen jetzt in den Kraft­raum. Tom, wir gehen jetzt in die Sauna. Ich habe das alles mit­gemacht, von solchen Typen kann man ja nur lernen. Nur beim Bier­trinken nach der Sauna habe ich lieber nicht mitgemacht …

Das war der Peace-Cup, eine sehr besondere Reise. Die erste mit Rene Adler. Auch mit ihm habe ich mich gut ver­standen. Ich habe ohne­hin nie ver­standen, dass so viele andere Tor­hüter-Duos Stress mit­einander haben. Viel­leicht habe ich auch den falschen An­satz, aber für mich war immer klar: Wir spielen und arbeiten ja für den gleichen Club und für die gemein­same Sache. Und ich sehe ja auch, was er oder die anderen Keeper leisten, wie viel und hart sie arbeiten und wie gut sie sind. Da tue ich mich dann sehr schwer, irgend­etwas einzu­fordern oder respek­tlos zu agieren. Das bin nicht ich. 

Das war mein erstes Bundes­liga-Spiel in Augs­burg – mit einer kleinen Vor­ge­schichte rund um „Drobo“, man erinnert sich vielleicht … Aber auf jeden Fall war dann auf einmal mein Moment gekommen – und der Moment für meine Eltern. So habe ich es em­pfunden, weil auch sie sehr viele Ent­behrungen hinge­nommen haben, um mich zu unter­stützen. Daher habe ich mir schon den Druck gemacht, jetzt auch zu zeigen, dass es sich gelohnt hat – und dann fange ich direkt zum Start ein extrem un­nötiges und un­glück­lichen Gegentor. Da habe ich nur ge­dacht: Ok, dann soll es wohl so sein… Aber am Ende habe ich noch ein paar gute Bälle halten können, wir gewan­nen 3:1 und ich war extrem glück­lich.

Der goldene Luca! Als Luca Wald­schmidt den Ball rein­ge­köpft hat, da hat wirklich – und das meine ich so, wie ich es sage – das Stadion gebebt. Ich habe so etwas noch nie und auch danach nie wieder erlebt. Dieser Moment – un­glaub­lich! Und auch alles, was danach kam: Die Tore gingen auf, tausende Fans waren auf dem Rasen, wir alle mitten­drin und haben ge­feiert. Ein Wahn­sinns­spiel, in dem wir das Schlimmste gerade noch verhindern konnten, was sehr, sehr viele Gefühle frei­ge­setzt hat. Am Ende war kein Rasen mehr im Stadion, sogar die Tore haben die Leute mitge­nommen. Un­glaub­lich, ganz schwer in Worte zu fassen. Umso bitterer, dass es uns dann in der Saison darauf doch noch er­wischt hat. Tragisch!

Ein echtes High­light-Spiel, ein geiles Erleb­nis. Das war damals in der Saison­vorbe­reitung, in der ich mich immer mit Julian Pollers­beck ab­ge­wech­selt habe. Und Christian Titz meinte dann: Tom, du fängst an. So habe ich gegen den FC Bayern gespielt, das Stadion war voll und wir haben ein richtig gutes Spiel ge­macht. Und: Manuel Neuer hat für meinen Sohn sein Trikot signiert, das hängt noch mit Widmung und Unter­schrift bei meinem Lütten im Kinder­zimmer. Und da­neben hängt meins …

Was soll man dazu sagen? Ich war 2011 dabei, als sie bei uns im Stadion gewonnen und sich etwas spe­ziell ver­halten haben. Das habe ich nicht ver­gessen. Deshalb musste ich diesen Moment für mich, aber vor allem für unsere Fans, die ja jahre­lang daran zu knabbern hatten, auf diese Art und Weise feiern, um allen zu zeigen, dass uns absolut bewusst ist, welche Be­deu­tung dieses Spiel hat. Das war wichtig und musste einfach mal raus.

Das war das DFB-Pokal-Halb­finale gegen RB Leipzig, die in der Saison die Nummer zwei hinter den Bayern waren. Nach dem 1:1 durch Jatta hat im Stadion gefühlt nie­mand mehr ge­atmet, sondern nur noch ge­schrien und uns an­ge­feuert, das war schon krass. Aber im End­effekt war RB zu stark und hat uns in der zweiten Halb­zeit den Stecker ge­zogen. Schade, so kurz vor Berlin. Das wäre für alle ein be­sonderes Erlebnis gewesen, deshalb war „Polle“ in dieser Szene nach dem Schluss­pfiff auch so nieder­ge­schlagen. Tja, Traum geplatzt.

Das ent­schei­dende Spiel in Pader­born, in dem wir den Auf­stieg verspielt haben. Ich stand im Tor, wir haben 1:4 verloren und konnten den Ab­wärts­trend einf­ach nicht stoppen. Wir hatten in dieser Phase total das Momen­tum verloren. Ent­sprech­end groß war der Frust, weshalb Hannes Wolf mich trösten wollte. Und dann kam auch noch Steffen Baum­gart dazu. Er war Trainer in Pader­born, wir kannten uns aus Cottbus, wo ich damals in der Jugend gespielt und manchmal bei den Profis mittrainiert habe, als er noch aktiv war. Lange her. Aber er hat das nie verges­sen und ist vor dem Feiern mit seiner Mann­schaft zu mir gekommen, um Trost zu spenden. Sagt viel über den Menschen aus.

Das war einer dieser Jubel­­momen­te, in dem ich mich dieses Mal aber gar nicht so sehr für uns, sondern vor allem für diesen einen Menschen ge­freut habe: für Fiete Arp. Mit ihm habe ich damals sehr viel ge­macht und wir haben auch immer ein Zimmer ge­teilt. Da redet man natür­lich viel und ich hoffe, dass ich ihm in der Zeit auch ein bisschen helfen konnte. Damals ist viel auf ihn ein­­ge­­pras­selt, des­­halb hat ihm dieses Tor einfach alles be­deutet, auch wenn das Spiel damals ohne Wert war, weil wir den Auf­stieg in der Woche zuvor in Pader­­born ver­­spielt hatten. Und es war Fietes letztes Spiel. Des­halb war dieses Tor für ihn Freude und Schmerz zu­gleich, denn Fiete war, ist und bleibt einfach immer HSVer. 

Eine komische Zeit ist das gerade, anders kann ich es nicht sagen. Auf Dauer würde es die Fan­kultur für immer zer­stören, deshalb ist es so wichtig, jetzt wieder nach und nach zu öffnen. Denn es fehlt einfach total diese Inter­aktion mit den Menschen, für die man es ja auch macht. Und auch für unsere eigenen Jungs tut es mir leid. Wir haben Spieler in unserer Mann­schaft, die haben noch nie in einem vollen Stadion gespielt, noch nie er­lebt, welche Wucht in diesem Stadion steckt. Simon Terodde hat ein Jahr lang beim HSV ge­spielt, schießt mehr als 20 Tore und nie haben Fans mit­gejubelt. Das ist wirk­lich schade, aber hoffent­lich ja auch irgend­wann vorbei.

Das Tor­wart­training hat sich in den letzten 15 Jahren schon sehr stark verändert. Die Zeiten, in denen dir der Tor­wart­trainer einfach ein paar Bälle aufs Tor ge­schos­sen hat, die sind in jedem Fall vorbei. Medizin­bälle, Tennis­bälle, spe­zielle Be­wegungs­ab­folgen, kog­nitive Übungen, um nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf zu trainieren – das ist schon komplex, aber auch sehr interessant. Ich konnte viel davon kennen­lernen und könnte mir auch vor­stellen, später in diesem Bereich aktiv zu sein. Ich möchte aber auch noch die anderen Seiten des Fuß­balls und des HSV kennen­lernen, um zu lernen und zu sehen, ob und auf welcher Position ich für den HSV einen Mehr­wert bieten kann.

Dieses Foto ist irgendwie in den sozialen Medien gelandet. Und führte zu Anrufen und Hin­weisen, ich möge doch bitte mal wieder ein bisschen Pumpen gehen. Aber ich habe meine Körper jetzt mehr als ein Jahr­zehnt auf Profi­sport­ler-Ebene geschunden, bei mir geht es jetzt mehr um Stabi­lität als um krasse Muskeln. Ich denke aber, es geht noch. Und es sollte ja vor­rangig auch zeigen: Leute, schaut her, wir arbeiten hart, aber wir haben auch Spaß dabei. Denn genau darum geht es ja.

Der Hamburger Weg ist eine tolle Ein­richtung und steht ein bisschen sinn­bild­lich für das, was ich vorhin schon sagte: Für mich ist der HSV mehr als 90 Minuten Fuß­ball. Und das zeigen wir durch Aktionen wie den Weih­nachts­tag, für den es mittler­weile auch in der Mann­schaft gelernt ist, dass sich jeder Spieler einen Wunsch­zettel vom Baum nimmt, in die Stadt fährt und einem Kind ein Geschenk kauft. Das haben wir als Mann­schaft für uns so beschlossen, wird aber von jedem einzelnen Spieler total selbst­ständig gemacht. Auch das Ein­packen, was mitunter zu sehr lustigen Momenten führt … 

Noch­mal mein Freund „Baka“. Mit ihm spiele ich am längsten zusammen, seit 2016 sind wir zusammen beim HSV. Den Jungen muss man ein­fach gern­haben, er ist auch völlig zurecht Fan­lieb­ling und er passt ein­fach zum HSV wie Arsch auf Eimer. Deshalb finde ich es so schade, dass es jetzt schon so lange solche Ge­schichten und Reibe­reien gibt. Frag einmal in der Mann­schaft rum und jeder wird dir sagen: „Baka“ würde sich vor jeden von uns schmeißen und sich eine Kugel für ihn ein­fangen – aber ihn ver­folgt man auf diese un­schöne Art und Weise. Das hat er nicht verdient und wir können nur hoffen, dass das end­lich aufhört. So ein toller Mensch! Und für mich ganz klar ein großes Stück HSV-Identität.

Mein erstes HSV-Foto! An den Moment erinnere ich mich noch sehr gut. Unser Zeug­wart Miro hat mir das Trikot gegeben, ich ziehe es an, und plötz­lich lachen alle. Ich schaue an mir herunter und sage: Miro, das Trikot ist ganz schön groß. Und er sagt: Naja, du bist Torwart. Und ich antwortete: Ja, aber ich habe eine andere Statur als er hier – und zeige dabei auf Frank Rost. Egal, es gab nichts anderes. Und so habe ich jetzt ein Er­innerungs­stück in einem Trikot, das sechs Nummern zu groß ist und auf dem ich als Tor­wart nicht mal Hand­schuhe trage. Anfänger eben! 

Das ist eine Szene aus dem Winter­trainings­lager in Belek. Es war eine der klassischen Tor­wart­übungen damals, bei der man über den anderen Keeper springen muss. Hier mit Frank Rost, der ein absolutes Ori­ginal ist. Seinen Respekt musste man sich hart er­ar­beiten. Am Anfang hatte ich keinen ganz leichten Stand bei ihm, aber mit der Zeit hat er gespürt, dass ich Gas gebe und hat das anerkannt. Alte Schule.

Wer kann schon von sich be­haup­ten, im Gesicht eine Narbe zu tragen, die ihm Ruud van Nistel­rooy ver­passt hat?! Ruud hat mich mit den Stollen voll im Ge­sicht erwischt, an zwei Stellen war alles offen und musste direkt am Platz genäht werden. Leider hat der Doc es zu gut gemacht, man sieht die Narben kaum noch… Aber es ist trotz­dem eine coole Erinnerung, denn mit einem Mann wie Ruud van Nistel­rooy zu­sammen­gespielt zu haben, ist natürlich unglaublich. Er hat mir nach der Geschichte sogar Narben­creme in der Apotheke gekauft, das muss man sich mal vor­stellen. Toller Typ!

Jaroslav Drobny, herrlich! „Drobo“ ist eigen, aber ein ab­solutes Original. Ich war damals die Nummer zwei hinter ihm, aber er war so un­glaub­lich normal und nett. Er hat mich immer überall mit hin­ge­nommen. Tom, wir gehen jetzt in den Kraft­raum. Tom, wir gehen jetzt in die Sauna. Ich habe das alles mit­gemacht, von solchen Typen kann man ja nur lernen. Nur beim Bier­trinken nach der Sauna habe ich lieber nicht mitgemacht …

Das war der Peace-Cup, eine sehr besondere Reise. Die erste mit Rene Adler. Auch mit ihm habe ich mich gut ver­standen. Ich habe ohne­hin nie ver­standen, dass so viele andere Tor­hüter-Duos Stress mit­einander haben. Viel­leicht habe ich auch den falschen An­satz, aber für mich war immer klar: Wir spielen und arbeiten ja für den gleichen Club und für die gemein­same Sache. Und ich sehe ja auch, was er oder die anderen Keeper leisten, wie viel und hart sie arbeiten und wie gut sie sind. Da tue ich mich dann sehr schwer, irgend­etwas einzu­fordern oder respek­tlos zu agieren. Das bin nicht ich. 

Das war mein erstes Bundes­liga-Spiel in Augs­burg – mit einer kleinen Vor­ge­schichte rund um „Drobo“, man erinnert sich vielleicht … Aber auf jeden Fall war dann auf einmal mein Moment gekommen – und der Moment für meine Eltern. So habe ich es em­pfunden, weil auch sie sehr viele Ent­behrungen hinge­nommen haben, um mich zu unter­stützen. Daher habe ich mir schon den Druck gemacht, jetzt auch zu zeigen, dass es sich gelohnt hat – und dann fange ich direkt zum Start ein extrem un­nötiges und un­glück­lichen Gegentor. Da habe ich nur ge­dacht: Ok, dann soll es wohl so sein… Aber am Ende habe ich noch ein paar gute Bälle halten können, wir gewan­nen 3:1 und ich war extrem glück­lich.

Der goldene Luca! Als Luca Wald­schmidt den Ball rein­ge­köpft hat, da hat wirklich – und das meine ich so, wie ich es sage – das Stadion gebebt. Ich habe so etwas noch nie und auch danach nie wieder erlebt. Dieser Moment – un­glaub­lich! Und auch alles, was danach kam: Die Tore gingen auf, tausende Fans waren auf dem Rasen, wir alle mitten­drin und haben ge­feiert. Ein Wahn­sinns­spiel, in dem wir das Schlimmste gerade noch verhindern konnten, was sehr, sehr viele Gefühle frei­ge­setzt hat. Am Ende war kein Rasen mehr im Stadion, sogar die Tore haben die Leute mitge­nommen. Un­glaub­lich, ganz schwer in Worte zu fassen. Umso bitterer, dass es uns dann in der Saison darauf doch noch er­wischt hat. Tragisch!

Ein echtes High­light-Spiel, ein geiles Erleb­nis. Das war damals in der Saison­vorbe­reitung, in der ich mich immer mit Julian Pollers­beck ab­ge­wech­selt habe. Und Christian Titz meinte dann: Tom, du fängst an. So habe ich gegen den FC Bayern gespielt, das Stadion war voll und wir haben ein richtig gutes Spiel ge­macht. Und: Manuel Neuer hat für meinen Sohn sein Trikot signiert, das hängt noch mit Widmung und Unter­schrift bei meinem Lütten im Kinder­zimmer. Und da­neben hängt meins …

Was soll man dazu sagen? Ich war 2011 dabei, als sie bei uns im Stadion gewonnen und sich etwas spe­ziell ver­halten haben. Das habe ich nicht ver­gessen. Deshalb musste ich diesen Moment für mich, aber vor allem für unsere Fans, die ja jahre­lang daran zu knabbern hatten, auf diese Art und Weise feiern, um allen zu zeigen, dass uns absolut bewusst ist, welche Be­deu­tung dieses Spiel hat. Das war wichtig und musste einfach mal raus.

Das war das DFB-Pokal-Halb­finale gegen RB Leipzig, die in der Saison die Nummer zwei hinter den Bayern waren. Nach dem 1:1 durch Jatta hat im Stadion gefühlt nie­mand mehr ge­atmet, sondern nur noch ge­schrien und uns an­ge­feuert, das war schon krass. Aber im End­effekt war RB zu stark und hat uns in der zweiten Halb­zeit den Stecker ge­zogen. Schade, so kurz vor Berlin. Das wäre für alle ein be­sonderes Erlebnis gewesen, deshalb war „Polle“ in dieser Szene nach dem Schluss­pfiff auch so nieder­ge­schlagen. Tja, Traum geplatzt.

Das ent­schei­dende Spiel in Pader­born, in dem wir den Auf­stieg verspielt haben. Ich stand im Tor, wir haben 1:4 verloren und konnten den Ab­wärts­trend einf­ach nicht stoppen. Wir hatten in dieser Phase total das Momen­tum verloren. Ent­sprech­end groß war der Frust, weshalb Hannes Wolf mich trösten wollte. Und dann kam auch noch Steffen Baum­gart dazu. Er war Trainer in Pader­born, wir kannten uns aus Cottbus, wo ich damals in der Jugend gespielt und manchmal bei den Profis mittrainiert habe, als er noch aktiv war. Lange her. Aber er hat das nie verges­sen und ist vor dem Feiern mit seiner Mann­schaft zu mir gekommen, um Trost zu spenden. Sagt viel über den Menschen aus.

Das war einer dieser Jubel­­momen­te, in dem ich mich dieses Mal aber gar nicht so sehr für uns, sondern vor allem für diesen einen Menschen ge­freut habe: für Fiete Arp. Mit ihm habe ich damals sehr viel ge­macht und wir haben auch immer ein Zimmer ge­teilt. Da redet man natür­lich viel und ich hoffe, dass ich ihm in der Zeit auch ein bisschen helfen konnte. Damals ist viel auf ihn ein­­ge­­pras­selt, des­­halb hat ihm dieses Tor einfach alles be­deutet, auch wenn das Spiel damals ohne Wert war, weil wir den Auf­stieg in der Woche zuvor in Pader­­born ver­­spielt hatten. Und es war Fietes letztes Spiel. Des­halb war dieses Tor für ihn Freude und Schmerz zu­gleich, denn Fiete war, ist und bleibt einfach immer HSVer. 

Eine komische Zeit ist das gerade, anders kann ich es nicht sagen. Auf Dauer würde es die Fan­kultur für immer zer­stören, deshalb ist es so wichtig, jetzt wieder nach und nach zu öffnen. Denn es fehlt einfach total diese Inter­aktion mit den Menschen, für die man es ja auch macht. Und auch für unsere eigenen Jungs tut es mir leid. Wir haben Spieler in unserer Mann­schaft, die haben noch nie in einem vollen Stadion gespielt, noch nie er­lebt, welche Wucht in diesem Stadion steckt. Simon Terodde hat ein Jahr lang beim HSV ge­spielt, schießt mehr als 20 Tore und nie haben Fans mit­gejubelt. Das ist wirk­lich schade, aber hoffent­lich ja auch irgend­wann vorbei.

Das Tor­wart­training hat sich in den letzten 15 Jahren schon sehr stark verändert. Die Zeiten, in denen dir der Tor­wart­trainer einfach ein paar Bälle aufs Tor ge­schos­sen hat, die sind in jedem Fall vorbei. Medizin­bälle, Tennis­bälle, spe­zielle Be­wegungs­ab­folgen, kog­nitive Übungen, um nicht nur den Körper, sondern auch den Kopf zu trainieren – das ist schon komplex, aber auch sehr interessant. Ich konnte viel davon kennen­lernen und könnte mir auch vor­stellen, später in diesem Bereich aktiv zu sein. Ich möchte aber auch noch die anderen Seiten des Fuß­balls und des HSV kennen­lernen, um zu lernen und zu sehen, ob und auf welcher Position ich für den HSV einen Mehr­wert bieten kann.

Dieses Foto ist irgendwie in den sozialen Medien gelandet. Und führte zu Anrufen und Hin­weisen, ich möge doch bitte mal wieder ein bisschen Pumpen gehen. Aber ich habe meine Körper jetzt mehr als ein Jahr­zehnt auf Profi­sport­ler-Ebene geschunden, bei mir geht es jetzt mehr um Stabi­lität als um krasse Muskeln. Ich denke aber, es geht noch. Und es sollte ja vor­rangig auch zeigen: Leute, schaut her, wir arbeiten hart, aber wir haben auch Spaß dabei. Denn genau darum geht es ja.

Der Hamburger Weg ist eine tolle Ein­richtung und steht ein bisschen sinn­bild­lich für das, was ich vorhin schon sagte: Für mich ist der HSV mehr als 90 Minuten Fuß­ball. Und das zeigen wir durch Aktionen wie den Weih­nachts­tag, für den es mittler­weile auch in der Mann­schaft gelernt ist, dass sich jeder Spieler einen Wunsch­zettel vom Baum nimmt, in die Stadt fährt und einem Kind ein Geschenk kauft. Das haben wir als Mann­schaft für uns so beschlossen, wird aber von jedem einzelnen Spieler total selbst­ständig gemacht. Auch das Ein­packen, was mitunter zu sehr lustigen Momenten führt … 

Noch­mal mein Freund „Baka“. Mit ihm spiele ich am längsten zusammen, seit 2016 sind wir zusammen beim HSV. Den Jungen muss man ein­fach gern­haben, er ist auch völlig zurecht Fan­lieb­ling und er passt ein­fach zum HSV wie Arsch auf Eimer. Deshalb finde ich es so schade, dass es jetzt schon so lange solche Ge­schichten und Reibe­reien gibt. Frag einmal in der Mann­schaft rum und jeder wird dir sagen: „Baka“ würde sich vor jeden von uns schmeißen und sich eine Kugel für ihn ein­fangen – aber ihn ver­folgt man auf diese un­schöne Art und Weise. Das hat er nicht verdient und wir können nur hoffen, dass das end­lich aufhört. So ein toller Mensch! Und für mich ganz klar ein großes Stück HSV-Identität.