Im Sommer 2020 kam LEO OPPERMANN zum Hamburger SV. Seitdem hat der junge Torhüter viel erlebt: Er unterschrieb seinen ersten Profivertrag, wurde zweifacher Vater, Ehemann und Stammkeeper in der U21. Ein Portrait über einen aufstrebenden Youngster, der seine Ziele fest im Blick hat.
Leo Oppermann klatscht in die Hände. Den letzten Schuss der Trainingseinheit, abgefeuert von HSV-Torwarttrainer Sven Höh, wehrt der 20-Jährige mit beiden Fäusten ab. Danach macht er sich auf den Weg zum Spielerkreis. Neben seinen Torhüterkollegen Daniel Heuer Fernandes, Marko Johansson und Tom Mickel folgt er zum Abschluss der Einheit den Worten von Tim Walter, der die HSV-Profis auf das kommende Heimspiel gegen den 1. FC Heidenheim einstimmt. Zwei Tage später formt Leo Oppermann wieder die Fäuste. Dieses Mal, um mit seinen Mannschaftskollegen aus der U21 abzuklatschen. Am Ende steht ein souveränes 3:0 auf der Anzeigetafel. Oppermann hat seinen Kasten sauber gehalten und mit dem Regionalliga-Team des HSV einen wichtigen Auswärtssieg beim Heider SV eingefahren.
Der Wechsel zwischen den HSV-Profis und der U21 – ein Spagat, den Oppermann in dieser Saison mit Bravour meistert. Seit August 2021 ist der 1,91 Meter große Keeper fester Bestandteil im Torhüter-Quartett von Cheftrainer Tim Walter. „Leo hat einen sehr klaren Kopf, weiß genau, was er will und arbeitet täglich sehr akribisch und strukturiert an sich“, betont Torwarttrainer Sven Höh. „Er erfüllt alle Voraussetzungen, die ein guter Torhüter mitbringen muss. Zudem ist eine stetige Weiterentwicklung bei ihm in allen Bereichen deutlich zu erkennen.“ Argumente, die die Verantwortlichen beim HSV im Sommer 2021 dazu veranlasst haben, langfristig mit dem Torhüter-Talent zu verlängern. Bis 2025 hat Oppermann unterschrieben. Die ersten Monate als Fußballprofi erlebte er besonders intensiv. Denn nicht nur sportlich war einiges los im Hause Oppermann.
Im November 2021 wurde der HSV-Keeper Vater von Zwillingen, beides Jungs. Wenige Wochen später folgte kurz vor Weihnachten die Hochzeit mit seiner Freundin. Anfangs sei die Nachricht, Vater zu werden, schon etwas überraschend für ihn gekommen. Heute könnte Oppermann sich aber kein schöneres Leben vorstellen: „Es ist das pure Glück, meine junge Familie gibt mir zusätzliche Energie und Motivation.“ Schlaflose Nächte gäbe es für ihn dabei kaum. „Meine Frau hält mir den Rücken frei und unterstützt mich, wo sie nur kann. Ich könnte mich aktuell nicht besser fühlen. Sportlich wie privat läuft es hervorragend“, so der Youngster. Wenn der gebürtige Darmstädter über sein junges Familienglück zu erzählen beginnt, sieht man ihm den Stolz in den funkelnden Augen an. Er fühlt sich angekommen – angekommen beim HSV und im hohen Norden.
Von der Hauptstadt in den hohen Norden
Die aufgezeigte Perspektive war vor knapp zwei Jahren der entscheidende Beweggrund für Oppermann, seine Heimat Berlin hinter sich zu lassen. Geboren wurde er 2001 in Darmstadt. Zwei Jahre später zog es die Familie weiter Richtung Osten. Dort wuchs der heutige HSV-Profi in Eichwalde, einem beschaulichen Örtchen an der Stadtgrenze von Berlin, auf. 2016 kam er seinem großen Traum, Profifußballer zu werden und es seinem Vorbild Marc-André ter Stegen eines Tages gleich zu tun, ein bedeutsames Stück näher. Mit 15 Jahren wagte Oppermann den Schritt in die Nachwuchsabteilung des 1. FC Union Berlin. In Köpenick spielte er vier Jahre, im Sommer 2020 erfolgte dann der Wechsel zum HSV. „Für mich als junger Spieler ist es enorm wichtig, möglichst viele Erfahrungen auf dem Platz zu sammeln und zu spielen. Diese Chance habe ich in Hamburg gesehen“, erklärt der heute 20-Jährige rückblickend.
Zum 14. Mal stand er beim eingangs erwähnten Auswärtserfolg in Heide in dieser Spielzeit für das Regionalliga-Team zwischen den Pfosten, blieb in drei der letzten fünf Partien ohne Gegentor. Mit insgesamt elf Kadernominierungen und zwei Testspiel-Einsätzen (2:2 gegen Augsburg und 1:0 gegen Silkeborg IF) konnte der Schlussmann zudem erste Profiluft schnuppern. „Ich habe das hohe Trainingsniveau bei den Profis, aber gleichzeitig in der U21 den Wettkampfmodus und kann wichtige Erfahrungen sammeln, die ich für meine weitere Laufbahn benötige. Das ist im Moment das perfekte Modell für mich“, schwärmt der Rechtsfuß.
„Leo wirkt sehr reif und besonnen für sein Alter“, betont U21-Trainer Pit Reimers. „Er strahlt einfach eine Ruhe aus, wenn er im Tor steht, das überträgt sich auch total auf seine Vorderleute. Ich bin sehr glücklich, ihn in meiner Mannschaft zu haben. Er ist ein absoluter Teamplayer und trägt das Herz am rechten Fleck.“ Auch Höh imponiert das abgeklärte Auftreten des Youngsters: „Als moderner Torhüter musst du heute nicht unbedingt über das gesamte Spiel der Lautsprecher sein. Du musst wissen, wann du Kommandos gibst und wann du extrovertiert auftreten musst – das beherrscht Leo für sein Alter schon sehr gut.“
Auch privat mag es Oppermann gerne etwas ruhiger und verbringt seine freien Tage am liebsten mit seiner Familie draußen in der Natur. Gerade der Hamburger Hafen hat es dem Berliner angetan. Allgemein fühlt sich der Torhüter nach knapp zwei Jahren im Norden bereits sehr heimisch. Die Berliner Currywurst hat er längst gegen das Hamburger Fischbrötchen eingetauscht. „Das muss einfach ab und an sein“, verrät Oppermann mit einem Schmunzeln im Gesicht.