Im HSVlive-Interview spricht Angreifer MANUEL WINTZHEIMER über seine positive Entwicklung in der vergangenen Spielzeit, seinen neuen alten Trainer Tim Walter und seine Vorfreude auf die kommende Zweitliga-Saison mit mehreren Derbys.

Trotz eines abermals bitteren Endes in der zurück­gelegten Saison geht HSV-An­greifer Manuel Wintz­heimer mit Rücken­wind in die neue Spielzeit. So hat der 22-jährige Bayer, der im Sommer 2018 an die Elbe wechselte, auch in seiner dritten Saison im Profi-Bereich seine persönliche Entwicklung Stück für Stück positiv fort­gesetzt. In seiner ersten HSV-Saison 2018/19 mit sieben Einsätzen (drei Tore) noch Ergänzungs­spieler, sammelte Wintz­heimer in der Saison 2019/20 als Leih­spieler beim VfL Bochum in 20 Spielen (drei Tore, eine Vorlage) reichlich Spiel­praxis und avancierte in der jüngst abge­laufenen Saison 2020/21 mit 13 Vorlagen und erneut drei eigenen Buden zum Top-Vorlagen­geber und dritt­besten Scorer des HSV. Dabei stand der gebürtige Arnsteiner „nur“ 47 Prozent der möglichen Spiel­minuten auf dem Platz. Heißt: In seiner Entwicklungs­leiter gibt es noch reichlich Stufen nach oben und der selbst­ernannte „Arbeiter“ ist gewillt, diese zu erklimmen, wie er im HSVlive-Interview erklärt.

Manu, deine dritte Saison im Profi-Bereich liegt hinter dir, deine zweite volle mit dem HSV. Wie blickst du auf die abge­laufene Spiel­zeit zurück? 

Wir sind sehr gut in die Saison gestartet, haben dann aber besonders zum Ende hin einfach viel zu viele Punkte liegen gelassen und letztlich einfach zu wenig Zähler geholt. Es war – wie in den letzten Jahren auch – ab einem gewissen Zeit­punkt einfach der Wurm drin. Es war jetzt zum dritten Mal in Folge denkbar knapp und das fühlt sich in der Summe natürlich für alle extrem bitter an.

Wie ist dein persönlicher Umgang mit solchen Rück­schlägen?

Rück­schläge gehören leider zum Sport dazu. Man muss sie einstecken und versuchen, stärker zurück­zukommen. Diesbezüglich tut einem die Sommer­pause gut, da man die Möglichkeit bekommt, einfach mal abzu­schalten und neue Kräfte zu sammeln, so dass man wieder mit vollem Elan in die neue Saison starten kann. Ich bin diesbezüglich jemand, der sich relativ schnell wieder aus einem negativen Loch heraus­ziehen kann. Ich mache immer weiter und versuche, so schnell wie möglich das Vergangene zu verdrängen. 

Dabei verlief die vergangene Saison für dich persönlich sogar sehr erfolgreich. Du bist mit 13 Vorlagen zum Top-Vorlagen­geber des HSV avanciert, konntest darüber hinaus drei Treffer erzielen. 

Das stimmt, wobei ich mich diesbe­züglich als Team­player verstehe und eher bescheiden bin. Natürlich freut es mich, dass ich so viele Vorlagen geliefert habe und auf diese Weise meinen Teil beitragen konnte, aber wenn wir die Qualität vorn nicht gehabt hätten, hätten wir auch nicht so viele Tore gemacht. Dement­sprechend geht ein großer Dank an meine Mit­spieler, dass sie die Dinger verwandelt haben.  

Ein Spieler, der das auf fulminante Weise gemacht hat und zugleich im Angriff intern zu deinen Konkurrenten zählte, war Simon Terodde. Wie hast du das Zusammen­spiel mit ihm erlebt? 

Ich konnte von Simon ungemein viel lernen. In meinen Augen ist er in der Box Welt­klasse. Ich habe selten einen Stürmer gesehen, der die Dinger so präzise verwandelt. Da habe ich mir ganz genau angeschaut, wie er sich im Strafraum verhält, welche Lauf­wege er macht und wie er beim Abschluss zum Ball steht.

Dadurch, dass Simon Terodde im Sturm gesetzt war, bist du häufig auf dem Flügel oder als hängende Spitze aufgelaufen. War das für dich auch okay oder siehst du dich letztlich auch am liebsten als Voll­strecker?

Für meine Entwicklung war es total wichtig, dass ich auch mal auf anderen Positionen spiele. Ich denke, vor allem als hängende Spitze, die sozu­sagen drum­herum spielt, ist mir das gut gelungen. Ich möchte einfach zeigen, was ich alles kann. Wenn ich das auf dem Flügel machen darf, dann mache ich das, aber im Sturm­zentrum oder direkt dahinter fühle ich mich am wohlsten. Denn dort kommt mein Ab­schluss als meine große Stärke am besten zum Tragen.  

Als eiskalter Voll­strecker vor dem Tor hat dich der neue HSV-Trainer Tim Walter kennen­gelernt, als er dich beim FC Bayern München in der U17 und der 2. Mann­schaft trainiert hat. Welche Erinner­ungen hast du an ihn?   

Tim Walter ist ein cooler Typ. Er hat seinen ganz eigenen Spielstil, in dem die Innen­verteidiger auch mal sozu­sagen kreuz- und querlaufen und plötzlich an der Mittel­linie im Offensiv­spiel auftauchen. Das hat man zuvor vielleicht selten gesehen, aber bei uns in der Jugend hat diese Spiel­idee funktioniert und es hat Spaß gemacht, mit ihm zusammen­zuarbeiten. Er ist ein guter Trainer, der immer den Erfolg will und unbedingt Fußball spielen möchte. Er ist niemand, der langen Hafer spielen lässt, sondern spielerisch nach vorn kommen möchte und immer offensiv denkt.    

Inwieweit hast du dich dann gefreut, als du gehört hast, dass es zu einem Wieder­sehen mit ihm beim HSV kommt? 

Für einen Spieler ist es sicherlich immer gut, wenn man einen neuen Trainer schon einmal hatte und ihn kennt. Dennoch muss man sich immer neu beweisen, ganz egal welche Vergangen­heit es unter­einander gab. Und das zählt in dieser Konstel­lation natürlich auch für mich. Ich muss mich anbieten und meine Leistung auf dem Platz bringen, um in der kommenden Saison die gewünschte Rolle zu spielen. 

Du sprichst die kommende Saison an. Die 2. Liga gilt ohnehin als sehr ausge­glichen. Nun sind mit Werder Bremen, Schalke 04, Dynamo Dresden und Hansa Rostock vier große Traditions­clubs neu dazu­gestoßen. Wie schätzt du die Stärke der 2. Liga ein? 

Das ist die beste 2. Liga, an die ich mich persönlich erinnern kann. Natürlich bin ich noch recht jung und kann das nicht mit so vielen Jahren vergleichen, aber wenn man die Mann­schaften sieht, dann ist das schon fast erstliga­reif. Es stecken unglaub­lich viel Tradition und große Namen in dieser Liga. Es wird sehr ausge­glichen zur Sache gehen. Für uns ist es wichtig, dass wir unseren Job machen, guten Fußball spielen und oben mitmischen und dann sieht man, wo die Reise hinführt. Es macht auf jeden Fall großen Bock, gegen Clubs wie Bremen, Schalke und Dresden zu spielen.

Mit dem Blick auf das Teil­nehmer­feld hört man da bereits eine große Vorfreude auf diese Spiel­zeit bei dir heraus. 

Auf jeden Fall. Als kleines Kind wächst du mit Vereinen wie dem Hamburger SV, FC Schalke 04 und Werder Bremen auf. Jetzt spiele ich selbst beim HSV und spiele gegen diese Clubs. Das sind doch Duelle, die richtig geil sind. Endlich wieder ein Nord­derby, das ist top, darauf brennt
man als Fuß­baller.

Wie hast du dich auf die neue Spiel­zeit vorbe­reitet? Gab es einen besonderen Trainings­plan oder auch mal das Bedürfnis, völlig vom Fußball loszu­kommen? 

In der Sommer­pause habe ich meinem Körper mal bewusst eine Aus­zeit gegönnt. Wenn man Hoch­leistungs­sportler ist, dann muss man seinem Körper und Geist einfach auch mal die nötigen Pausen geben. Ich habe zwei Wochen lang komplett abge­schaltet und dann neben dem Lauf­training ein paar individu­elle Ein­heiten auf dem Platz und im Kraft­raum absolviert. Jetzt steht die typische Phase der Vorbereitung an. Das heißt: In allen Bereichen bewusst wie ein Profi leben und sich in best­mögliche Verfassung bringen, um zum Saison­start topfit auf der Matte zu stehen.

Wie sah dein Ab­schalten dabei konkret aus? 

Ich habe die Sommer­pause zum großen Teil in meiner Heimat bei meiner Familie verbracht. Meine Eltern hatte ich ein gutes halbes Jahr nicht mehr gesehen. Da tat es gut, einfach mal wieder gemeinsam Zeit zu verbringen – sei es beim gemeinsamen Spazieren­gehen in den Bergen oder abends beim Grillen. Ich habe diesbe­züglich keine festen Rituale, die ich in jedem Sommer mache, sondern genieße einfach die Zeit zuhause bei meiner Familie und meinen Freunden.

Wie schwer fiel dir vor diesem Hinter­grund allgemein das vergangene Jahr? Schließlich hat die besondere Ausnahme­situation rund um Corona dafür gesorgt, dass du deine enge Familie, deine beiden Brüder und Eltern kaum sehen konntest. 

Das war nicht einfach und eine besondere Situation, die aber ja alle Menschen betroffen hat. Wir hatten das Privileg, unseren Job auszuüben, gemeinsam auf dem Platz zu stehen und unterein­ander in unserer Blase zu leben. Natürlich habe ich es vermisst, auch mit anderen Leuten außerhalb des Fußballs, vor allem mit meiner Familie, Kontakt zu haben, aber da musste man jetzt einmal durch. Ich hoffe, dass die Situation rund um das Virus schnellst­möglich endet, so dass wir alle wieder einen normalen Tages­ablauf haben.

Seit mehr als einem Jahr fehlen auch die Fans. Wie sehr sehnt man sich als Fuß­baller ihre Rück­kehr herbei? 

Sehr, denn es gibt nichts Besseres, als im Volks­park­stadion vor diesen Fans zu spielen. Das pusht dich einfach ungemein. Es ist wirklich etwas Besonderes, wenn die Fans dabei sind. Dann herrscht einfach immer Stimmung und es macht Bock, vor so einer Kulisse zu spielen. Jeder einzelne von uns vermisst die Fans und desto größer ist die Vorfreude, dass sie hoffentlich bald zurück­kehren dürfen.