»Das kann auf jeden Fall Spaß machen«

Zum Ende der vergangenen Saison hat Mittelstürmer ROBIN MEISSNER mit Startelfeinsätzen, Toren und Vorlagen auf sich aufmerksam gemacht. In der neuen Saison möchte der Hamburger Jung nun den nächsten Schritt machen.

Dass die Sommer­pause in diesem Jahr so kurz ist, stört ihn am aller­wenigsten: Robin Meißner brennt und hätte am liebsten noch früher wieder los­gelegt. Kein Wunder, schließlich hatte der 21-Jährige erst zum Ende der abge­laufenen Saison so richtig gezündet, nachdem Horst Hrubesch ihn von der Leine gelassen hatte. Dreimal Startelf, drei Tore, zwei Vorlagen – Meißners Bilanz hat in jedem Fall Lust auf mehr geweckt. 

Dies möchte der in der Hanse­stadt geborene Angreifer in der neuen Spiel­zeit bestätigen. Machen und besser werden, lautet seine Devise, mit der er den Sprung von der jungen Nach­wuchs­hoffnung zum etablierten Zweit­liga-Spieler im Hamburger Kader schaffen möchte. Dass dafür viel harte Arbeit erforderlich ist, weiß Meißner. Und zeigt sich im HSVlive-Interview entsprechend motiviert. Denn: Arbeit kann auch Spaß machen. Ein Gespräch über Erwartungen, Erinnerungen und die richtige Einstellung.

Robin, welche Emotionen kommen in dir hoch, wenn du an den 10. Mai 2021 denkst? 

Pure Freude. Wenn ich an das Heim­spiel gegen Nürn­berg denke, dann fühlt es sich jetzt in diesem Moment immer noch so an, als wenn ich auf dem Platz stehen würde. Mein Führungs­tor ist mir nach dem Spiel immer wieder durch den Kopf gegangen, zuhause habe ich mir die High­lights immer wieder ange­schaut. Zuvor hatte ich eine Halb­chance vergeben, deswegen wollte ich den Ball unbedingt reinmachen. Im End­effekt war auch ein bisschen Glück dabei, aber das war mir natürlich spätestens dann egal, als die DFL mir das Tor zuge­schrieben hat.

Ange­fangen hat aber alles schon rund zehn Wochen vorher, als du ausge­rechnet im Stadtderby am Millerntor erstmals für die HSV-Profis aufge­laufen bist. 

Ja, das war schon fast Schicksal, wenn man bedenkt, dass ich vor meinem Wechsel zum HSV insgesamt acht Jahre für St. Pauli gespielt habe. Schon als wir mit dem Bus zum Stadion gefahren sind, war das ein ganz spezielles Gefühl. Irgend­wie sollte es an dem Tag einfach sein, obwohl ich ansonsten nicht wirklich aber­gläubisch bin. Einzige Aus­nahme ist mein rechter Schuh, der muss immer zuerst ange­zogen werden. (lacht)

Mit der Amts­über­nahme von Horst Hrubesch sind deine sportlichen Aktien dann nochmal stark gestiegen und du bist vom Joker zum Start­elf-Spieler geworden. Hat Horst Hrubesch dir erklärt, warum er so konsequent auf dich setzt? 

Im Prinzip nicht, viel­mehr ist es einfach passiert. Mein Vorteil war natürlich, dass er mich aus meiner Zeit bei der U21 schon sehr gut kannte. Wenn Horst Hrubesch beim Training zuge­schaut hat, dann habe ich immer sehr genau zugehört, sobald er mir oder anderen Spielern Tipps gegeben hat. Sein Wort hat einfach Gewicht, das ist Fakt. Vor dem Spiel gegen Nürn­berg hat er zu mir gesagt, dass ich einfach mein Spiel machen soll. Das habe ich dann best­möglich versucht. 

Ursprünglich warst du im vergangenen Sommer für die zweite Mann­schaft verpflichtet worden, durftest nach sechs Toren in zehn Spielen aber ab Februar 2021 bei den Profis mit­trainieren. Hast du diese Entwicklung bei deinem Wechsel erwartet? 

Dass es sich so entwickelt, hätte ich mir nicht erträumen können. Natürlich habe ich bei meinem Wechsel mit einem halben Auge darauf geschielt, dass eventuell eine Tür bei den Profis aufgehen könnte, aber in diesem Aus­maß hätte ich das nicht erwartet. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit nach der Unter­brechung der Regional­liga-Saison, als wir mit der U21 ab Anfang November nur trainieren konnten und keine Spiele hatten. Da haben wir nur für uns selbst gearbeitet. Dennoch wurde die Zeit gut genutzt. Das Trainer­team hat viel an den Stärken und Schwächen gearbeitet. Anfang Februar kam dann die Info, dass ich ab sofort bei den Profis mitmachen darf. Das hat sofort etwas in mir ausgelöst. Zunächst eine gewisse Anspannung, dann aber uneingeschränkte Vorfreude.

Kann man also sagen, dass die sehr individuell ausgelegten Trainings­monate in der U21 dir im End­effekt geholfen habe, um bei den Profis schnell Fuß zu fassen? 

Absolut. Das Trainerteam um Pit Reimers, Soner Uysal und Jan Hasen­kamp hat sehr kreatives Training angeboten und eine sehr gute Basis gelegt. Das hat mir enorm geholfen, weil ich somit trotz der langen Wett­kampf­pause voll in den offensiven Abläufen drin war.

Liefen deine ersten Wochen bei den Profis dement­sprechend reibungs­los? 

Grund­sätzlich ja, aber den ersten Trainings­tag habe ich voll verrissen. (lacht) Ich weiß noch ganz genau, dass ich beim Tor­schuss-Training keinen einzigen Ball aufs Tor gebracht habe. Das lag vor allem an meiner Nervosität. Spätestens ab der zweiten Woche habe ich mich aber immer mehr an das höhere Spiel­tempo gewöhnt, das ich in der Form aus der Regional­liga nicht kannte.

Zunächst warst du der Backup von Simon Terodde, später hast du gemeinsam mit ihm auf dem Platz gestanden. Was hast du von dem Zweitliga-Rekord­tor­schützen gelernt? 

Simon und auch alle anderen etablierten Spieler haben mir sehr geholfen. Es gibt keinen einzigen Typen in der Mannschaft, der arrogant ist. Natürlich muss man sich als junger Spieler hier und da auch mal einen Spruch anhören, aber das gehört auch dazu. Und speziell von Simon konnte ich als Stürmer natürlich eine ganze Menge lernen. Sein Bewegungs­muster im Strafraum und seine Abschlüsse mit der Innen­seite sind wirklich außer­gewöhnlich.

Trotz deiner drei Tore und zwei Vorlagen in den letzten drei Saison­spielen hat es am Ende nicht für den Auf­stieg gereicht. Hat die Ent­täuschung über das Abschneiden die Freude über deine persönliche Bilanz komplett gelöscht? 

Die Ent­täuschung hat deutlich über­wogen, weil ich genauso wie meine Mit­spieler wusste, was ein Aufstieg für den Club, die Fans und die Mitarbeiter bedeutet hätte. Dennoch habe ich mich natürlich über meine sportliche Entwicklung gefreut, im End­effekt war der verpasste Auf­stieg aber einfach zu schmerz­haft.

Wie hast du ihn verarbeitet, konntest du nach dem Saisonende ab­schalten? 

Ich bin mit meiner Freundin nach Mallorca geflogen und habe dort das Handy weitest­gehend ignoriert. Mir war es wichtig, mich selbst zu reflektieren und Sachen zu identifizieren, die ich besser machen kann.

Die Chance dazu bekommst du jetzt direkt, denn die Vor­bereitung auf die neue Saison beginnt. Was weißt du über den neuen Chef­trainer Tim Walter? 

In Kiel und beim VfB Stuttgart hat er seine Spuren hinterlassen. Manuel Wintz­heimer hat ein wenig von der gemein­samen Zeit in der Bayern-Jugend erzählt, das war aus­schließlich positiv. Auch ein paar Kumpels, die bereits unter ihm trainiert haben, haben seine mensch­liche und fachliche Kompetenz gelobt. Ich freue mich darauf, in der Vorbe­reitung anzu­greifen.

Tim Walter hat in der Vergangen­heit gern auf eine 4-3-1-2-Grund­ordnung mit zwei klaren Spitzen gesetzt. Würde es dir entgegen­kommen, falls er diese Spiel­weise auch beim HSV bevor­zugen sollte? 

Grund­sätzlich sehe ich mich im Zentrum. Ob als alleinige Spitze oder mit einem weiteren Angreifer, ist mir im Prinzip egal. Das kommt auch immer auf den anderen Spieler­typ an. Aber klar ist: Grund­sätzlich kann ich meine Stärken gut ein­bringen, wenn ich um einen Neuner herum­spielen kann. 

Im Spiel gegen den Ball wird es sicherlich sehr an­spruchs­voll, situativ steht Angriffs­pressing auf der Agenda. Ist das dein Spiel? 

Als Stürmer ist es immer wünschens­wert, wenn man den Ball hoch gewinnt, weil der Weg zum gegnerischen Tor dann entsprechend kurz ist. Deswegen denke ich schon, dass ein aggressives Pressing auf jeden Fall Spaß machen kann, zumal wir einige Spieler in der Mann­schaft haben, die das sehr gut umsetzen können. 

Gemein­sam mit den angesprochenen Mit­spielern startest du jetzt in deine erste Sommer­vorbereitung bei den HSV-Profis. Mit welchen Ambitionen gehst du in diese Zeit? 

Ich möchte einer­seits das bestätigen, was ich in den letzten Wochen der vergangenen Saison gezeigt habe, anderer­seits aber auch einfach auf mich auf­merksam machen. Meine Entwicklung soll auf jeden Fall fortgesetzt werden, ich möchte definitiv noch besser werden. Die Qualität in der Mann­schaft ist enorm hoch, daher will ich die Vorbereitung nutzen, um mich dauer­haft auf diesem Level zu etablieren. Als junger Spieler sollte man keine Forderungen stellen, sondern einfach die Zeit nutzen, um Erfahrungen zu sammeln und besser zu werden. 

Stichwort Entwicklung: Der HSV will auch in der kommenden Saison diesen Weg weiter­gehen. Kannst du dich mit Blick auf dein Alter und Potenzial damit sehr gut identi­fizieren? 

Ich glaube, das trifft nicht nur auf mich zu. Wir haben viele junge Spieler im Kader, die beim HSV eine Chance bekommen haben. Das sollte auch ein Signal für die Jungs sein, die jetzt in den NLZ-Teams spielen. Gerade mit Horst Hrubesch als Direktor Nach­wuchs steht die Tür für eine Profi­karriere offen, wenn man bereit ist, viel zu investieren und die nötigen Schritte zu machen, um am Ende auch hin­durch­gehen zu können.