»Mein Vater war mein größter Förderer«

In der Rubrik „Meine Wurzeln“ spricht in jeder Ausgabe ein HSVer über seine Anfänge als Fußballer. Dieses Mal: Außenverteidiger JAN GYAMERAH.

Das erste Mal gegen den Ball getreten habe ich in meiner Geburtsstadt Berlin. Da war ein Park direkt vor unserer Haustür, in dem ich mit meinem Vater ein paar Pässe hin- und herspielen konnte. Papa ist Ghanaer und hat dort auch Fußball gespielt, wenn auch nie auf einem höheren Level. Aber er hat mich mit dem Fußball in Berührung gebracht.

Als ich fünf Jahre alt war, sind wir nach Stadthagen in Niedersachsen umgezogen. Direkt im Umfeld unserer Wohnung war der Sportplatz des FC Stadthagen, auf dem ich von da an quasi jeden Tag gekickt habe. Eines Tages hat dort eine Mannschaft mit Kindern trainiert, die in etwa so alt waren wie ich. Ich bin sofort zu meinem Vater gerannt und habe ihm gesagt, dass ich da unbedingt mitspielen möchte. Er hat direkt den Trainer angerufen und die Erlaubnis eingeholt. So habe ich in der G-Jugend beim FCS angefangen.

Ab der F-Jugend wurde mir bewusst, dass ich zu den besseren Jungs in meinem Team gehöre. Es hat sicherlich nicht geschadet, dass ich parallel zum Training weiterhin jeden Tag auf dem Sportplatz war. Dort wurden die klassischen Spiele wie „Weltmeister“ auf ein Tor angezettelt und in den Abendstunden haben wir dann häufig noch „Schweinchen in der Mitte“ auf der Straße gespielt – heute nennt man das Rondo oder Eckchen. Natürlich habe ich mich auch in der Wohnung ausgetobt und den Ball in alle möglichen Ecken geschossen, und irgendwann ist vor der Tür der Zaun kaputtgegangen. Keine Ahnung, wie das passiert ist… Ab dem Zeitpunkt hatte ich dort Spielverbot. Außerdem waren die Nachbarn nicht so richtig begeistert, wenn der Ball ständig auf ihr Grundstück geflogen ist. Als ich in der 3. Klasse war, sind wir zum Glück in ein eigenes Haus umgezogen.

Parallel zum Vereinsfußball bin ich irgendwann in den Stützpunkt berufen worden. Dort habe ich zusammen mit späteren Profis wie Federico Palacios-Martinez (jetzt SSV Jahn Regensburg, Anm. d. Red.) und Mike Bähre (jetzt FC Barnsley) zusammengespielt. Wir hatten eine richtig starke Truppe, so dass in einem Jahr kurz vor Beginn der Sommerferien alle besonders talentierten Spieler von den Bundesliga-Nachwuchsleistungszentren der Umgebung abgeworben wurden. Hannover 96, der VfL Wolfsburg und Arminia Bielefeld haben sich da einige Jungs gesichert – nur für mich gab es irgendwie keine richtige Anfrage. Nach einem Probetraining bei 96 wurde mir zwar gesagt, dass ich einen guten Eindruck hinterlassen hätte, die Kaderplanung allerdings schon abgeschlossen sei. Die Verantwortlichen haben mir empfohlen, dass ich für den Übergang erstmal zum SC Langenhagen gehe, aber das kam für mich nicht in Frage. Ich habe mich zu dem Zeitpunkt einfach nicht schlechter gesehen als die anderen Jungs und war dementsprechend mega enttäuscht. Zum Glück hat mein Vater dann ein weiteres Probetraining bei Arminia Bielefeld organisiert – und ich wurde auf den letzten Drücker doch noch genommen.

Schon als kleiner Butscher ein Gewinner: Jan Gyamerah mit seinem ersten Vereinspokal.

Über Bielefeld bin ich später schließlich in Bochum gelandet, wo ich aufgrund eines personellen Engpasses vom Rechtsaußen zum Rechtsverteidiger umgeschult wurde. Bis dahin hatte ich ausschließlich in der Offensive gespielt, beim FC Stadthagen sogar meistens hinter den Spitzen oder im Sturm. Das hat mir sehr gut gefallen, denn damals war Thierry Henry mein großes Vorbild.

In meiner gesamten Jugendzeit habe ich von meiner Schnelligkeit profitiert. Es war sicher hilfreich, dass ich parallel zum Fußball zwei bis drei Jahre auch Leichtathletik gemacht habe. Dort hat mir aber eigentlich nur der Sprint so richtig Spaß gemacht, das Werfen und Springen war nie so mein Ding. Zum Glück hat mein Vater mir erlaubt, damit aufzuhören und mich voll und ganz auf den Fußball zu konzentrieren. Er war sowieso immer mein größter Förderer, hat mich überall hingefahren und sich bis zur C-Jugend quasi jedes Spiel angeschaut. Dank ihm konnte ich mir den Traum vom Fußballprofi letztlich wirklich erfüllen. Danke, Papa!