In Hamburg geboren und mit dem HSV groß geworden: Im HSVlive-Interview spricht JONAS DAVID über seine Kind­heit als HSV-Fan, seine Aus­bildung im NLZ der Rot­hosen und seine aktuelle Entwicklung bei den Profis.

Jonas David ist als gebürtiger Hamburger nicht nur ganz eng mit der Hanse­­stadt verbunden, sondern trägt seit Kindes­­beinen auch die HSV-Raute fest im Herzen. Verant­­wortlich dafür zeichnete nicht zuletzt sein Vater, der als riesiger HSV-Fan zwangs­­läufig auf den Sohne­­mann abfärbte. Jonas wuchs dadurch mit dem HSV auf, sah die Spiele der Rot­­hosen live im Volks­­park­­stadion oder im TV, sammelte die Trikots seiner Lieblings­spieler und besuchte zahl­reiche Angebote der Rot­hosen, darunter die Ferien-Camps und Events der HSV-Fußball­schule. 

Den Traum vom Profi­fußball im Hinterkopf, wechselte der mittler­weile 21-jährige Innen­verteidiger im Alter von 13 Jahren vom Meien­dorfer SV zu Eintracht Norder­stedt und schaffte ein Jahr später den Sprung ins Nach­wuchs­leistungs­­zentrum der Rot­hosen. Dort durch­lief David erfolgreich alle Jugend­­mann­­schaften, debütierte im Jahr 2018 erstmals bei den Profis und zählt bei diesen nach zwei lehr­reichen Spiel­­zeiten in der aktuellen Saison zu den Durch­­startern. Chef­­trainer Tim Walter schenkte dem jungen David zu Saison­­beginn das Vertrauen und der ehr­geizige Rechts­­fuß mit nigerianischen Wurzeln haute sich voll rein, um dieses zu recht­­fertigen. Im HSVlive-Interview spricht Jonas David über seine ganz persönliche HSV-Reise, die ihn von der Fußball­­schule über das NLZ bis hin zu der großen Bühne im Volks­­park­­stadion geführt hat.           

Jonas, du bist in Hamburg geboren, welche Erinnerungen hast du an deine ersten fußballerischen Schritte in der Hanse­stadt?

Ich habe beim Meien­dorfer SV mit dem Fußball ange­fangen. Damals war ich fünf oder sechs Jahre alt und bin einfach mal mit einem Freund aus der Nach­bar­schaft mitge­gangen. Er hatte mich gefragt, ob ich nicht Bock hätte, mal mitzu­kommen und es hat mir auf Anhieb richtig gut gefallen. Ich erinnere mich auch noch gut an die ersten Trainings­einheiten, Spiele und Turniere. Damals haben wir noch auf einem Grand­platz trainiert und gespielt. (lacht)    

Welche Rolle spielte zu dieser Zeit der HSV als größter Fußball­club der Stadt?

Der HSV war sehr präsent. Als Hamburger Junge war es normal, mit dem Club aufzu­wachsen. Damals hat der HSV auch noch unter der Woche auf inter­nationaler Ebene gespielt. Das waren Highlights, die wir zuhause gemeinsam als Familie vor dem Fernseher verfolgt haben. Ich war auch großer Fan und hatte einige Trikots im Schrank. Darüber hinaus war ich durch Besuche bei der HSV-Fußball­schule auch abseits der Bundes­liga-Mann­schaft mit dem Club verbunden. 

Welche Erinnerungen hast du noch an die HSV-Fußball­schule?     

Ich habe eine Menge schöner Erinnerungen. Freddy (Frederic Malcherek, Anm. d. Red.) war damals mein Trainer, heute ist er als Co-Trainer der U13 aktiv. Es ist immer ganz lustig, wenn wir uns im Campus über den Weg laufen und über die Zeit damals sprechen. Auch mit vielen Freunden aus der Nachbar­schaft, mit denen ich damals bei der Fußball­schule war und noch immer in Kontakt stehe, erinnere ich mich heute gern und oft an die Momente zurück. Wir sagen dann oft: „Hey, weißt du noch damals in der Fußball­schule…“ Es hat einfach riesigen Spaß gemacht, wir haben immer irgend­welche Dinge gewonnen: neue Trikots, Bälle, Schweiß­bänder und einmal sogar ein Einlaufen an der Seite der Profis. Das war unglaub­lich. Du gehst in das Stadion rein und auf einmal wird alles laut. Das sind Erinnerungen, die für immer bleiben.    

Wer waren damals die HSV-Spieler, zu denen du aufge­schaut hast? 

Als kleiner Junge findest du immer die Offensiv­spieler cool, da sie am meisten Tore schießen. Und von dieser Sorte hatten wir damals echt ein paar unglaub­lich gute Spieler in der Mann­schaft: Ivica Olic, Mladen Petric, Rafael van der Vaart, Piotr Trochowski oder auch Jonathan Pitroipa.

Inwieweit hast du zu dieser Zeit schon davon geträumt, irgendwann in ihre Fuß­stapfen zu treten?

Ich glaube, jedes fußball­verrückte Kind träumt davon, irgendwann Profi zu werden. Bei mir ist dieser Traum bereits in ganz jungen Jahren entstanden. Das erste Mal konkret wurde es aber erst, als ich als 13-Jähriger in die C-Jugend von Eintracht Norder­stedt gewechselt bin. Dort hatten wir eine gute Truppe und haben in der gleichen Liga wie der HSV und der FC St. Pauli gespielt. Als ich nur ein Jahr später zum HSV gewechselt bin, habe ich mir klar in den Kopf gesetzt, richtig durch­zuziehen und zu gucken, was dabei raus­kommt. Ab diesem Zeitpunkt wurde es mit jedem Jahr­gang konkreter.

Bewegte HSV-Reise: Jonas David nahm mehr­mals an Events der Fuß­ball­schule teil, durch­lief im NLZ sämtliche Jugend­mann­schaften und debütierte am 3. August 2018 in einem Punkt­spiel für die HSV-Profis.   

Wie lief der Wechsel damals ab? 

Eintracht Norderstedt zählte damals neben dem HSV, St. Pauli und dem Niendorfer TSV zu den besten Mannschaften im Hamburger Nachwuchs. Dementsprechend verstärkt wurden die Spieler gescoutet und umworben. Ich habe damals sowohl vom HSV als auch vom FC St. Pauli ein Angebot bekommen und habe mich dann relativ schnell entschieden, nachdem ich mir beides angesehen hatte. Zum einen war ich Fan des HSV und kannte den Verein bestens, zum anderen war alles etwas größer und professioneller. Da gab es dann keinen Zweifel bei meiner Entscheidung. 

Fortan hast du alle Nachwuchsmannschaften im NLZ der Rothosen durchlaufen. Welche Erfahrungen hast du in dieser Zeit gesammelt? Auf der einen Seite genießt man eine besondere fußballerische Förderung, andererseits geht es auch darum, sich immer wieder durchzusetzen.  

Fußballerisch und taktisch lernt man auf diesem Niveau natürlich ungemein viel. Wir alle haben eine sehr gute Ausbildung im Nachwuchs des HSV genossen. Das Leistungsprinzip war dabei ein ständiger Begleiter. Das beginnt schon in frühen Jahren. Bei mir war es zum Glück der Fall, dass ich meine Leistung stetig bringen konnte, so dass ich mir keine Sorgen oder Gedanken machen musste, nicht für den nächsten Jahrgang übernommen zu werden. Das weiß ich sehr zu schätzen, denn natürlich hatte ich auch Mitspieler, die uns ab und zu leider verlassen mussten. Das war schade und tat mir dann auch leid. Doch unterm Strich muss der Club diese Entscheidungen treffen, auch wenn er damit für Enttäuschungen sorgt.

Welcher HSV-Nachwuchstrainer hat dich in den Jahren besonders gefördert? 

Die Zeit in der U17 mit Christian Titz und Bastian Reinhardt war sicherlich am prägendsten. Unter Christian Titz war ich auch das erste Mal oben bei den Profis. Er hat mir auf meinen ersten Schritten im Profibereich sehr geholfen, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Co-Trainer Basti Reinhardt hat mich wiederum im individuellen Bereich sehr unterstützt, auch später noch in der Zeit, als ich dann bei den Profis war. Mit ihm stehe ich auch heute noch regelmäßig in Kontakt.    

Gemeinsam mit Fiete Arp und Josha Vagnoman gehörtest du dem starken 2000er-Jahrgang an. Beide kamen in der Saison 2017/18 zu Bundes­liga-Ehren und rückten in den medialen Fokus. Wie hast du das wahr­genommen? 

Es hat Spaß gemacht, die beiden zu verfolgen. Plötz­lich habe ich im TV gesehen, wie meine beiden Kumpels Bundes­liga gespielt haben. Zu­gleich haben mich ihre Ein­sätze auch sehr motiviert. Wenn du siehst, dass deine ehe­maligen Mit­spieler auf diesem Niveau mithalten können, dann willst du zeigen, dass du das auch draufhast.   

Du selbst hast in der Folge­saison beim Zweit­liga-Auf­takt gegen Holstein Kiel dein Profi­debüt gefeiert. Beim Stand von 0:2 wurdest du einge­wechselt. Ein bitter­süßer Moment? 

Ja, das kann man so sagen. Ich weiß noch, dass ich beim Stand von 0:1 zur Ein­wechslung bereit­stand und dann das 0:2 fiel. Zu diesem Zeit­punkt bin ich als Innen­verteidiger reinge­kommen und dann war es schwierig, noch etwas zu ändern. Wir haben sogar noch das dritte Gegentor kassiert. Aus mann­schaft­licher Sicht war das 0:3 ein großer Miss­erfolg, aber für mich persön­lich war das natürlich ein riesiges Ereignis. Mein erstes Profispiel, dann gleich zum Zweit­liga-Auftakt und vor ausver­kauftem Haus im Volks­park­stadion – das war unglaub­lich.  

Kurze Zeit später hast du im September 2018 deinen ersten Profi­vertrag beim HSV unter­schrieben. Was war das für ein Gefühl?       

In gewisser Weise war ich durch meinen Berater darauf vorbereitet, so dass die Situation für mich nicht über­raschend kam. Nichts­desto­trotz hat mich die Unter­schrift ungemein gefreut. Es ist dann noch­mal etwas anderes, wenn du als Nach­wuchs­spieler auch wirklich den Profi­vertrag unter­schrieben hast und nicht nur mal bei den Profis ein gutes Spiel machst und anschließend wieder von der Bild­fläche verschwindest. Für meine Familie und mich war das ein ganz wichtiger und großer Schritt. 

Bis zu dieser Saison folgten ab dem genannten Zeit­punkt nur sechs weitere Ein­sätze bei den Profis. Du hast häufig für die 2. Mann­schaft in der Regional­liga gespielt und wurdest in der Saison 2019/20 zeitweise an den Dritt­ligisten Würzburger Kickers verliehen. Wie hast du diese Zeit erlebt?

Ich habe diese Phase immer recht sach­lich eingeordnet. Natürlich kommt es vor, dass man sich nach seinem Profi­debüt direkt richtig fest­spielt, aber genauso gut kann es auch anders laufen. Man sollte sich diesbe­züglich nie mit anderen Talenten vergleichen, sondern seinen eigenen Weg gehen. Das habe ich getan. Ich habe immer Gas gegeben und mich ange­boten. Ich habe versucht, alles mitzu­nehmen und Spiel­praxis zu sammeln – sei es über Kurz­einsätze, eine Leihe oder Spiele in der Junioren-National­mann­schaft und Regional­liga-Mann­schaft. Ich war mir sicher, dass das irgend­wann belohnt wird und ich meine Chance bekommen. 

Unter Trainer Tim Walter zählte David zu den Gewinnern der Vorbe­reitung und räumte beim Saison­auftakt auf Schalke (3:1) erfolgreich ab.

Damit solltest du Recht behalten. Zu dieser Saison ist mit Tim Walter ein neuer Trainer gekommen, der mit Beginn der Vorbe­reitung sehr stark auf dich gebaut hat. Wie hast du das wahr­genommen? 

Ganz ehrlich gesagt, bin ich eigentlich ohne große Erwartungen in die Vorbe­reitung gegangen, sondern habe mir getreu meines Mind­sets erneut gesagt, dass ich alles geben werde und dann sehe, wo ich stehe. Es hat mich dann umso mehr gefreut, dass der Trainer wahrge­nommen hat, dass ich mich voll rein­haue und versuche, mich best­möglich weiter­zuent­wickeln. Wenn man diese Aner­kennung spürt, dann gibt einem das natürlich auch nochmals einen Motivations­schub und man hängt sich noch mehr rein. Die Vorbe­reitung hat richtig Spaß gemacht.  

Nicht nur die Vorbe­reitung, sondern auch der Saison­auftakt beim FC Schalke 04, als du erstmals in einem Zweit­liga-Spiel in der Startelf standest. Wie aufgeregt warst du? 

Es ging tat­sächlich. Am Morgen war ich schon aufgeregt, aber das hat sich dann mehr und mehr gelegt. Spätes­tens beim Auf­wärmen war ich dann voll drin. Es war ein wirklich sehr, sehr guter Abend, den ich so schnell nicht vergessen werde. Es war ein geiler Sieg. Ich habe mich einfach richtig wohlge­fühlt und habe versucht, komplett in dem Moment zu leben und diesen festzuhalten. Ich habe nicht schon wieder an neue Sachen gedacht.   

Anschließend hast du vier weitere Male das Start­elf­mandat erhalten. Der Trainer hat dich dabei auch nach indivi­duellen Fehlern gestützt. Wie wichtig ist es für dich, diese Rücken­deckung zu spüren und zugleich die so wichtigen Erfahrungen auf diesem Niveau zu sammeln?

Fehler gehören leider zum Spiel dazu. Niemand möchte sie machen. Und dennoch passieren sie auf jedem Niveau. Wichtig ist, dass man dieselben Fehler nicht noch einmal macht. Ich versuche, das richtig ein­zuordnen und mich nicht zu sehr von außen verrückt machen zu lassen. Wichtig ist, was für ein Feedback mir der Trainer und die Mit­spieler geben. Das muss man an­nehmen. Und der Trainer hat dies­be­züglich eine sehr klare, direkte und auch ehrliche An­sprache. In der Video­analyse werden Fehler zum Bei­spiel direkt ange­sprochen. Dadurch entsteht gar nicht erst die Mög­lichkeit, sich weg­zumogeln. Zugleich habe ich das Gefühl, dass er hinter jedem Fehler auch immer die Chance sieht, jeden einzelnen von uns und damit das ganze Team besser zu machen.  

Wie betrachtest du das besondere Spiel­system, in dem ihr euch bewegt? 

Es ist sehr an­spruchs­voll. Man muss über 90 Minuten immer voll konzentriert sein, um das System um­setzen zu können. Wenn einem das gelingt, macht es großen Spaß. Jeder möchte den Ball haben, jeder will sich frei­laufen, um den anderen zu helfen. Zugleich müssen wir über die komplette Spiel­zeit zu 100 Prozent konzentriert sein, technisch sauber bleiben und einfache Fehler ab­schalten. Wenn uns das gelingt, dann können wir uns eigent­lich nur selbst schlagen.    

Woran kannst du in diesem Mannschaftsgeflecht noch am meisten an dir arbeiten?        

Für mich als junger Spieler, der die ersten längeren Einsätze bei den Profis absolviert, ist es verdammt wichtig, Konstanz in die eigene Leistung zu kriegen. Das ist mein Ziel. Ich möchte meine guten Leistungen festigen und Fehler abstellen. Mittel­fristig möchte ich an meinem offensiven Kopf­ball­spiel arbeiten. In Heiden­heim hatte ich zum Bei­spiel eine richtig gute Gelegen­heit, die ich knapp daneben gesetzt habe. Zudem versuche ich mit den Co-Trainern das individuelle Zwei­kampf­verhalten in der Offensive und Defensive weiter zu ver­bessern. Und darüber hinaus gibt es noch viele weitere Dinge, bei denen ich noch Potential habe. Ich bin ein ehr­geiziger Typ und stehe erst am Anfang.