Im Sommer 2009 wechselte TOM MICKEL zum HSV, war zwischendurch nur einmal kurz weg und kennt den Club mittlerweile wie kaum ein anderer Spieler. Nun haben der HSV und der 31-Jährige den Vertrag noch einmal verlängert und setzen damit den gemeinsamen Weg weiter fort. Eine Wegbeschreibung.

Man kann ihn durchaus schon als Urgestein bezeichnen, als Mr. HSV des aktuellen Kaders, als einen, den die Fans als echten Hamburger und einen von ihnen akzeptieren und verehren. Dabei kommt Tom Mickel gar nicht aus der Hansestadt, nicht einmal aus der näheren Umgebung. Mickel wurde sozusagen „eingenordet“, stammt er doch eigentlich aus dem Osten Deutschlands. Doch der 31-Jährige hat sich durch seine Liebe zu Stadt und Verein und durch seine Treue und Loyalität im Laufe der Jahre zu einem der Gesichter des HSV entwickelt.

Dies ist eine besondere Geschichte, eine außergewöhnliche. Denn normalerweise fliegen die Herzen der Anhänger ja meist denjenigen Spielern zu, die die entscheidenden Tore schießen, hunderte Spiele für ihren Club absolvieren oder sich für Titel verantwortlich zeichnen. Bei Tom Mickel ist es etwas anders. Der Keeper überzeugt durch seine Arbeitseinstellung, seinen Teamspirit, das Hintenanstellen der eigenen Befindlichkeiten. Tom Mickel geht es weniger um Tom Mickel, sondern vielmehr um den HSV. „Es ist egal, welcher Name hinten auf dem Trikot steht, wichtig ist das Logo vorn auf der Brust“, sagt er. Und meint es auch so. Das spüren die Mitspieler, die Verantwortlichen und auch die Fans, denn Mickel lässt nicht nur Worte, sondern vor allem Taten sprechen. Und so loben ihn alle Trainer, alle Sportchefs des letzten Jahrzehnts für seinen Eifer, seine Professionalität und seine Identifikation – und stellen die enorme Wichtigkeit seiner Rolle und seiner Person heraus: Tom Mickel ist HSV – und trägt damit nicht nur als Torhüter und wichtiges Mitglied des Mannschaftsrats und des Keeper-Teams, sondern als Führungsspieler enorm zum Gesamtbild der Mannschaft bei. „Wir schätzen Tom sehr“, zeigt sich auch Sportdirektor Michael Mutzel froh über die erneute Vertragsverlängerung Mickels, „er ist ein absoluter Vorzeigeprofi, der in jedem Training Vollgas gibt und ein Vorbild für die jungen Spieler ist. Dazu ist Tom in der Kabine ein sehr wichtiger Faktor, denn er ist ein Initiator und auch Moderator. Und er lebt einfach den HSV und trägt die Raute im Herzen.“

Mickel und der HSV – diese Geschichte beginnt im Jahre 2009, als Tom im Alter von 20 Jahren von Energie Cottbus nach Hamburg wechselt und zunächst für die zweite Mannschaft vorgesehen ist, für die er in seiner gesamten HSV-Zeit insgesamt 109 Partien bestreitet. Zwei Jahre später gehört der in Hoyerswerda geborene Schlussmann dann fest dem Profikader an, kann aufgrund der starken Konkurrenz seinerzeit aber noch keinen Einsatz für die Profimannschaft verzeichnen. Nach einem zweijährigen Gastspiel bei der SpVgg Greuther Fürth kehrt Mickel 2015 in die Hansestadt zurück und feiert in der Saison 2015/16 sein Bundesliga-Debüt: Am 14. Mai 2016 hütet er am 34. Spieltag beim Gastspiel in Augsburg das HSV-Tor. Es folgten ein weiteres Bundesliga-Spiel (Saison 2016/17, ebenfalls in Augsburg), ein Einsatz im DFB-Pokal (Saison 2018/19) und bislang drei Spiele in der 2. Liga.

Das ist es, worum es Tom Mickel (ganz rechts) geht: Der HSV, die Mannschaft, das große Ganze. Teil des Teams und seines Clubs zu sein, ist dem 31-jährigen Keeper wichtiger als alles andere. Deshalb freuen sich Mickel und der HSV gleichermaßen, dass der gemeinsame Weg weitergeht.

Doch der Wert Mickels kann sich nicht allein an den Einsätzen ablesen lassen. Der zweifache Familienvater ist ein wichtiger Teil des Teams, ein Führungsspieler, der mit seiner Einstellung und seiner Art immer vorangeht. Auch wenn er nicht direkt auf dem Platz steht. Tom Mickel ist Erfahrungsschatz und Ansprechpartner für die jungen Spieler; der Glue-Guy, wie man im US-Sport sagt, also derjenige, der in einem Team das verbindende Element darstellt; und er ist Motivator, in jedem Spiel, in jedem Training. Weil es ihm um die Sache geht, um den gemeinsamen Erfolg. „Ich war noch nie jemand, der nur auf sich schaut und nur die eigene Karriere im Blick hat“, sagt Mickel über sich, „mir geht es immer um die Mannschaft. Und ich bin eben schon ein paar Jahre älter und habe – auch wenn ich dabei nicht immer in der ersten Reihe stand – schon sehr viel erlebt und viel Erfahrung sammeln können. Davon möchte ich so viel wie möglich weitergeben an die Jungs und so dazu beitragen, dass der HSV Erfolg hat.“ Und dabei gehe es dann nicht um ihn oder andere Einzelpersonen, sondern um die Gruppe, um das Team, um den HSV. „In einer Mannschaft trägt jeder seinen Teil zum Erfolg bei. Und wenn ich das in Form von meiner Trainingsleistung tun kann oder durch Gespräche oder das Motivieren der Mitspieler, dann ist das auch wichtig. Jedes Quäntchen Energie, das ich entfachen oder weitergeben kann, könnte am Ende der entscheidende Faktor sein, um ein Spiel zu gewinnen.“

Tom Mickel ist die pure HSV- und Hamburg-Identifikation. Egal ob innerhalb der Mannschaft (o.), für die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“ (m.) oder Aktionen in der Stadt, die er gern unterstützt, wie hier an der Grundschule Knauerstraße beim Kicken mit Kids (u.).

Tom Mickel ist die pure HSV- und Hamburg-Identifikation. Egal ob innerhalb der Mannschaft (l.), für die HSV-Stiftung „Der Hamburger Weg“ (m.) oder Aktionen in der Stadt, die er gern unterstützt, wie hier an der Grundschule Knauerstraße beim Kicken mit Kids (r.).

In dieser Rolle geht Tom Mickel auf. Und in der sehen ihn auch die Fans, die seine große Identifikation mit ihrem Club zu schätzen wissen. Gleiches gilt für die Mitspieler. Stichwort Kabine. Denn dort zählt Mickel zu den wichtigsten Stützen des Teams. „Da steckt natürlich eine riesengroße Portion Herzblut und Identifikation drin“, erklärt er, „damit habe ich mir gerade bei den jungen Spielern ein Standing erarbeitet, durch das sie mir zuhören und viele Dinge auch annehmen. Das klappt aber auch nur, weil sie mir das alles abnehmen und weil sie spüren, dass es mir wirklich um die Sache, um den HSV geht. Das kannst du nicht spielen. Deshalb möchte ich auch für keinen anderen Verein spielen. Der HSV ist mein Club und ich bin dankbar und auch ein bisschen stolz, dass ich schon so lange ein Teil davon sein darf.“

Neun Jahre sind es bisher, nach der erneuten Vertragsverlängerung werden nun noch mindestens zwei weitere Jahre hinzukommen. „Der HSV hat mir aufgezeigt, dass ich weiter ein Teil des eingeschlagenen Wegs sein kann. Es ist auch mein Weg und ich würde alles wieder genauso machen, denn ich bin stolz, Teil des HSV zu sein, auch wenn ich selten im Mittelpunkt gestanden oder 300 Spiele absolviert habe. Für mich sind eben auch andere Dinge wichtig: Ich kenne den Verein, ich kenne hier viele Menschen, Mitarbeiter, Fans –  und sie kennen mich. Das ist im Profisport keine Selbstverständlichkeit. Ich fühle mich deshalb extrem wohl. Und der HSV ist halt einfach auch ein extrem geiler Club mit einer Tradition und einer Anhängerschaft, wie es das kaum noch einmal gibt. Ich freue mich, dass ich den Weg des HSV weiter mitgehen kann.“ Und mitgestalten. Auf seine ganz eigene Art.