HSV-Größe, Vereins­legende, Clubikone – es gibt viele Huldigungen für die verdientesten Rot­hosen der Vereins­geschichte. Und es gibt unter­schiedliche Parameter, an denen man ihren Status fest­machen kann. Einer davon: Die Anzahl der Spiele für den HSV. Will­kommen im Club der 200er.

Die Zeiten haben sich geändert. Natür­lich erzählt man sich noch immer gern die Geschichte der HSV-Meister­mann­schaft von 1960, die aus­schließlich aus Hamburgern bestand, lediglich Jürgen Kurbjuhn sei „der einzige Aus­länder“ der Mann­schaft gewesen, wie Uwe Seeler einst schmunzelnd fest­stellte. Kurbjuhn kam nämlich aus Buxte­hude, knapp 20 Kilo­meter von der Hamburger Stadt­grenze entfernt. Das war damals weit weg. Doch so funktioniert der Fuß­ball heute nicht mehr, das Bild hat sich verändert, der Sport ist inter­national geworden und die Verweil­dauer aufgrund der Vielzahl der Mög­lich­keiten – sowohl für die Spieler als auch die Vereine – deut­lich kürzer. Umso mehr fällt es auf und ins Gewicht, wenn es Spieler gibt, die viele Jahre bei ihrem Verein bleiben, die eine feste Institution werden und irgend­wann quasi zum Inventar gehören.

Bakery Jatta ist ein solches sehr aktuelles Bei­spiel. „Baka“ spielt derzeit seine achte Saison bei den Rot­hosen und wird damit in Kürze eine besondere Stufe nehmen: das 200. HSV-Pflicht­spiel. Mit dem gehört er dann einem engen Kreis von Spielern an, die seit der Bundes­liga-Gründung 1963 – um die Ikonen der HSV-Jahre davor geht es in der Story „Mit der Raute im Spieler­pass“ ab Seite 56 – mehr als 200 Spiele für den HSV absolviert haben, was auto­matisch gleich­zu­setzen ist mit einer großen Identi­fikation und Treue.

Daher werden allen HSV-Freunden die 40 Namen, die der Club der 200er aktuell umfasst (siehe Tabelle), sehr bekannt vor­kommen. Um die Erinnerungen aber noch einmal auf­zu­frischen und lebendig zu halten, die Besonder­heiten dieser Vereins­größen aufzu­zeigen und ihre mit­unter sehr speziellen Geschichten zu erzählen, präsentiert das HSVlive-Magazin auf den folgenden zehn Doppel­seiten alle 40 Mitglieder des 200er-Clubs im Kurz­porträt. Will­kommen zur HSV-Geschichts­stunde und -Zeitreise.

Man­fred Kaltz

Aus­nahme­spieler aus Alt­rip

Anfang der 70er-Jahre schaffte es der kleine TuS Altrip, dank einiger talentierter Jungs sowie eines heraus­ragenden Trainers mit seiner A-Jugend Deutscher Vize-Meister zu werden. Gerhard Heid voll­brachte dieses Wunder, ehe er 1970 vom HSV als Talent­späher abge­worben wurde – und als erste Amts­handlung aus seiner A-Jugend einen gewissen Man­fred Kaltz mit­brachte.

Als dieser Manfred Kaltz knapp 20 Jahre später seine Karriere nach 581 Partien als Bundes­liga-Rekord­spieler des HSV beendete, tat er dies als der erfolg­reichste Spieler in der Geschichte des HSV, denn er gewann so viele Titel wie kein anderer vor oder nach ihm: DFB-Ligapokal 1973, DFB-Pokal 1976 und ‘87, Europa­pokal der Pokal­sieger 1977, Deutscher Meister 1979, ‘82 und ‘83 sowie den Europa­pokal der Landes­meister 1983. Kaltz war damit an allen HSV-Titeln nach Gründung der Fußball-Bundes­liga beteiligt. Unglaublich!

Als sehr offensiv­starker rechter Verteidiger wurde er berühmt, seine legendären Bananen­flanken landeten in den erfolg­reichsten Zeiten zumeist bei Horst Hrubesch („Manni Banane, ich Kopf, Tor“), was die deutsche National­mannschaft 1980 auch zum Europa­meister machte. Es war ein weiterer von vielen Höhe­punkten seiner Karriere, die sein Entdecker Gerhard Heid jedoch nicht erlebte: Heid verstarb 1972 im Alter von nur 35 Jahren. Er hatte dem HSV gerade noch einen seiner größten Fußball-Helden bescheren können.

Uwe Seeler

Der größte HSVer aller Zeiten

Der HSV hat am 21. Juli 2022 in Uwe Seeler den größten Sportler seiner Vereins­geschichte verloren. In 587 Pflicht­spielen für die Rot­hosen erzielte er 507 Treffer (davon 137 in 239 Spielen der Bundes­liga, die 1963 und damit erst neun Jahre nach Seelers Pflicht­spiel-Debüt in der HSV-Liga-Mann­schaft gegründet wurde) und ist damit noch heute unan­gefochtener Rekord­tor­schütze des Vereins. Seines Vereins. Seines HSV, mit dem „Uns Uwe“ als lang­jähriger Kapitän neunmal in Folge Meister der Ober­liga-Nord (1955-1963) sowie je einmal Deutscher Meister (1960) und DFB-Pokalsieger (1963) wurde. Darüber hinaus absolvierte Seeler 72 Länderspiele (43 Tore) für die deutsche National­mann­schaft, führte diese 40-mal als Kapitän aufs Feld und wurde 1972 als zweiter Spieler überhaupt zum Ehrenspielführer des DFB-Teams ernannt.

Doch nicht nur Seelers sport­liche Erfolge und Rekorde sind heraus­ragend, auch mensch­lich erwarb sich der Ur-Hamburger auf­grund seines boden­ständigen, fairen und loyalen Auf­tretens eine Reputation als absoluter Ehren­mann und prägte nicht zuletzt den Satz: „Ich bin nichts Besseres als andere, sondern ein stinknormaler Mensch, ich habe einfach nur Fußball gespielt.“ Das aber so hingebungs­voll, gut und erfolgreich wie kaum ein anderer vor oder nach ihm. Auch deshalb wurde Seeler 2003 zum Ehrenbürger der Freien und Hanse­stadt ausge­zeichnet und wird für alle Zeiten das Aushänge­schild Hamburgs und des HSV sein. 

Horst Schnoor

Eine Liebe fürs Leben

„Horst ist der Mann der tausend Hände“, adelte Uwe Seeler einst seinen Torhüter: Horst Schnoor, der Mann, der zwischen 1952 und ‘67 der sichere Rück­halt seiner Mann­schaft war und zehnmal Ober­liga-Meister sowie je einmal Deutscher Meister und DFB-Pokal­sieger wurde. Und all das ohne große Töne, denn der Hamburger Jung Horst ließ lieber Taten als Worte sprechen.

Horst Schnoor und der HSV – diese Liebe ließ Zeit seiner Karriere und auch in den Jahren und Jahr­zehnten danach nicht nach. Die vielen gemein­samen Erinnerungen verbinden eben. Erinnerungen an sagen­hafte 507 Pflicht­spiele für die Rot­hosen. Oder anders gesagt: Kein Tor­wart in der Geschichte des Hamburger SV stand öfter im Kasten als Horst Schnoor. Zudem war er einer der ersten Tor­hüter, der auch als Elf­meter­schütze antrat und zu Ober­liga-Zeiten zwei Treffer erzielte. Und auch beim Über­gang von der Ober­liga zur Bundes­liga wirkte Schnoor mit, legendär ist bis heute seine Leistung im aller­ersten Bundes­liga-Spiel, dem 105 weitere folgen sollten, ehe er 1967 nach einigen und schwer­wiegenden Verletzungen die Handschuhe an den Nagel hängte.

Seinem HSV blieb Schnoor auch nach der aktiven Zeit treu. Als eine von vielen HSV-Legenden, die in Norder­stedt ihr Zuhause fanden, besucht Schnoor gemein­sam mit den alten Weg­gefährten viele Heim­spiele im Volks­park und hält den Kontakt zum Verein. So wie er früher die Bälle hielt.

Thomas von Heesen

Der ewige HSVer

In der ewigen Tabelle des HSV steht Thomas von Heesen auf dem vierten Platz. Das an sich ist schon eine groß­artige Leistung, das Besondere in seinem Fall aber ist die Tatsache, dass von Heesen in den Top-Ten der ewigen HSVer der einzige Spieler ist, der nicht vor 1980 seine HSV-Karriere gestartet hat. Sondern in Zeiten, in denen es immer unge­wöhn­licher wurde, jahre- oder sogar jahr­zehnte­lang beim gleichen Verein zu spielen. Umso be­deutender ist die Anzahl von 443 Spielen in 14 Jahren.

Ange­fangen als junger Zögling von Trainer-Legende Ernst Happel, der den einst schmächtigen Locken­kopf auf­baute, bis hin zur erfahrenen sowie spiel- und meinungs­starken Führungs­kraft, die den HSV regelmäßig als Mann­schafts­kapitän anführte – Thommy von Heesen war viele Bundes­liga-Spiel­zeiten das Gesicht des Hamburger SV. Zumal seine 99 Bundes­liga-Tore die meisten HSV-Tore nach Mittel­stürmer-Ikone Uwe Seeler bedeuten – allein diese Tatsache sticht heraus und krönt von Heesens Leistung.

Dass er seinem HSV nach wie vor nahesteht, zwischen­zeitlich im Auf­sichts­rat saß und auch in der Krise rund um den Bundes­liga-Abstieg 2018 in beratender Funktion zur Verfügung stand, unter­streicht die besondere Beziehung zwischen Thomas von Heesen und dem HSV. Die dauert nun schon knapp 45 Jahren an. Der vierte Platz ist dafür ein mehr als verdienter Lohn.

Gert Dörfel

Der Erste

Einer muss immer der erste sein. Und bezüg­lich des ersten Bundes­liga-Tores des HSV war dies am 24. August 1963 Gert „Charly“ Dörfel. Der markierte mit seinem 1:1-Aus­gleich beim SC Preußen Münster den ersten HSV-Treffer in der neu­ge­gründeten Fußball-Bundes­liga.

1959 war Dörfel von seinem großen Förderer Günther Mahl­mann aus dem Nach­wuchs der Rothosen zu den Profis hoch­gezogen worden und über­zeugte sofort mit seinem speziellen Spielwitz – und setzte dies 13 Jahre lang fort. Bis zum Sommer 1972 begeisterte Dörfel die Menschen und bereitete ihnen mit seiner Art des Spiels so viel Freude, denn für „Charly“ Dörfel war Fußball immer mehr als ein 1:1. Fußball bedeutete für ihn Spaß, Freude, das Leben.

Dörfel konnte aber auch anders: Bereits während und insbe­sondere nach der Karriere arbeitete er als Buch­halter. „Wenn es drauf ankommt, kann ich auch seriös sein“, erklärte der zwei­fache Vater einst. Doch abseits der Arbeit war „Charly“ immer derjenige, der für die gute Laune zu­ständig war. Und auch heute noch sitzt ihm der Schalk im Nacken, wie er bis vor Kurzem in seiner eigenen HSVlive-Rubrik „Dörfel’s Eck“ (in An­lehnung an die berühmte Kneipe der Fußball-Familie Dörfel) unter Beweis stellte. Darin enthalten: viele Anekdoten aus vielen Jahr­zehnten Fußball, Bundes­liga und HSV. Natürlich inklusive Erinnerungen an das erste Bundes­liga-Tor des HSV.

Peter Nogly

Im Zeichen der Raute

Lediglich vier Spieler bestritten in der Bundes­liga mehr Partien für den HSV als Peter Nogly, dem nur drei weitere Ein­sätze gereicht hätten, um die Top-3 der Bundes­liga-Legenden der Rot­hosen zu erklimmen. Und: Nur Uwe Seeler trug in der Bundes­liga öfter die HSV-Kapitäns­binde als Nogly, der somit seinem großen Idol nach­eiferte. Denn als Kind und Jugendlicher bewunderte das echte Nord­licht – geboren und auf­ge­wachsen an der Ostsee in Trave­münde – den Hamburger SV und insbe­sondere dessen Mann­schafts­führer Uwe Seeler. „Am Priwall-Strand habe ich seine Tore nach­gespielt“, erinnerte sich der gerade 77 Jahre alt gewordene Nogly kürzlich im großen HSVlive-Interview.

Zwischen 1969 und 1980 lief der offensiv­starke Verteidiger elf Jahre lang für den HSV auf und sammelte viele Titel. „Wir sind damals Deutscher Meister, DFB-Pokal­sieger und Europa­pokal­sieger der Pokal­sieger geworden“, zählt Nogly auf, „diese Trophäen in Empfang zu nehmen, das waren schon sehr besondere Momente für mich“. Später spielte er noch gemein­sam mit Pelé, Franz Becken­bauer und anderen großen Namen in Amerika, „doch die schönste Zeit hatte ich beim HSV“. Dem hielt Nogly die Treue, denn als Mitglied der HSV-Altliga ist „Eiche“, wie er einst aufgrund seiner Un­ver­wüstl­ich­keit getauft wurde, bis heute im Einsatz. Von damals bis heute – ein Leben im Zeichen der Raute.

Jürgen Kurbjuhn

Kom­promiss­loser Abwehr­recke aus dem »Aus­land«

Ein Fußball-Lexikon, das etwas taugt, müsste unter dem Stich­wort „Abwehr­recke“ eigentlich sein Foto führen. Kaum ein Spieler verkörperte die Attri­bute dieses Spielertypus‘ so wie Jürgen Kurbjuhn: zu­verlässig und kraft­voll, motiviert und kampf­stark, eisen­hart und kompromiss­los. Im Sommer 1960 kam er als knapp 20-Jähriger aus dem rund 20 Kilometer ent­fernten Buxte­hude zum HSV und firmierte in einer Mannschaft aus lauter „Hamburger Jungs“ lange als einziger „Aus­länder“. Der hoch­auf­ge­schossene Schlacks war nicht nur wegen seiner Physiognomie oft der „Turm in der Schlacht“, der rigoros und effektiv vor dem HSV-Kasten auf­räumte. Klare Kante! Eigen­willig, ja manchmal stur. Kein Mann aus­schweifender Reden, aber einer, dessen Wort zählte und der nicht selten mit trockenem Humor auflockerte. Legendär sein Aus­spruch: „Wenn ich nicht will, dann laufe ich in einem Spiel nicht mehr als einen Kilo­meter – und da ist der Weg von und zu den Kabinen schon mit drin.“

Eine ziemlich lange Strecke hat Kurb­juhn in seinen zwölf HSV-Jahren und mehr als 400 Pflicht­spielen dann doch abgerissen. Mit­glied der ersten Bundesliga-Elf 1963 in Münster, 1965 in Neu­kirchen der erste HSVer, der im Oberhaus vom Platz flog. Irgend­wie stimmig, dass eine Verletzung nach einer verunglückten Grätsche im Heim­spiel gegen den FC Bayern im Oktober 1971 seine groß­artige sportliche Lauf­bahn beendete.

Ditmar Jakobs

Hart, aber herzlich

Ditmar Jakobs kam als junger Spieler zum HSV. Und ging als Vereins­legende. Leider konnte er das Ende seiner heraus­ragenden Karriere nicht selbst bestimmen, denn eine der berühm­testen Ver­letzungen des deutschen Fuß­balls zwang ihn zu diesem Schritt. Jakobs, der aus dem Ruhr­gebiet stammende Mittel­feld­spieler, der in Hamburg zum kompromiss­losen Vor­stopper mit ausge­prägten Offensiv­qualitäten um­funktioniert worden war und nicht nur beim HSV, sondern auch in der National­mann­schaft Heraus­ragendes leistete, konnte infolge seiner Rücken­verletzung nach dem Fall in einen Karabinerhaken im Tornetz des Volks­park­stadions nie wieder Fußball spielen.

Vize­welt­meister 1986, Europa­pokal­sieger 1983, mehrfacher Deutscher Meister und Pokal­sieger – die Karriere von Ditmar Jakobs ist fast ein­malig und verdient den Respekt, den sich Jakobs auch zwischen­menschlich erar­beitete. Denn so hart und rustikal er auf dem Platz zu Werke ging, so zurück­haltend und freund­lich bewegte er sich außer­halb des Rasens und eroberte auch damit die Herzen der HSVer, für die er bis heute der Inbegriff des ehrlichen und harten Fuß­ball­arbeiters ist.

Ein Junge aus dem Ruhr­gebiet eben, der jedoch seine Heimat seit 45 Jahren im hohen Norden hat. Denn Jakobs blieb auch nach seiner Karriere in Norder­stedt wohnen. Unweit der Paul-Hauen­schild-Trainings­plätze, auf denen seine beein­druckende HSV-Karriere 1979 begonnen hatte.

Caspar Memering

Titel­sammler aus dem »Fohlen­stall«

Am 1. Juni 1971, dem Tag seines 18. Geburtstags, setzte HSV-Jugend­spieler Caspar Josef Memering, Sohn eines Landwirts aus dem ems­ländischen Bockhorst, sein Auto­gramm unter seinen ersten Profi-Vertrag. Gemein­sam mit gleich­altrigen Mit­spielern wie Manfred Kaltz und Rudi Kargus, mit denen er zu Beginn seiner langen HSV-Zeit bei einer Paten­familie im Stadt­teil Volks­dorf wohnte, steht Memering exemplarisch für den vom HSV und seinem Talent­späher Gerhard Heid betriebenen „Jugend­stil“ – Fokus auf junge Talente, ein gut bestückter „HSV-Fohlenstall“ als Basis und Garant für die großen sportlichen Erfolge der späten 70er- und frühen 80er-Jahre. Und „Cappi“ war eines der besten Pferdchen im Stall. Er galoppierte: Heraus­ragende Technik gepaart mit unermüd­lichem Einsatz ließen ihn zur un­verzicht­baren Stamm­kraft und zum Titel­sammler beim HSV reifen. Als sein HSV-Vertrag im Sommer 1982 nicht ver­längert wurde, wechselte er für zwei Jahre zu Girondins Bordeaux, wo er es 1984 ebenfalls zu Meister­ehren brachte.

Auch nach der aktiven Lauf­bahn blieb Fußball die große Konstante in Memerings Leben. 1997 absolvierte er die Aus­bildung zum Fuß­ball­lehrer und war viele Jahre als Trainer im ambitionierten nord­deutschen Amateur­bereich tätig, zeit­weilig auch als Nach­wuchs­scout und Trainer der HSV-A-Jugend. Dort, wo für ihn einst alles begonnen hatte.

Felix Magath

Made in Hamburg

In Deutsch­land gibt es wohl keinen Fuß­ball­fan, der nicht weiß, wer Felix Magath ist. Der Name Magath ist über Jahr­zehnte hinweg im deutschen und internationalen Fußball zu einer echten Marke geworden, und die hat ihren Ursprung in Hamburg. Denn bereits als 20-Jähriger wechselte Magath aus dem beschaulichen Saar­brücken in die Hanse­stadt, um beim HSV erst Stamm- und dann Führungs­spieler zu werden – und den HSV zu den größten Erfolgen der Vereins­geschichte zu führen. Nicht umsonst war es Hamburgs Zehner, der 1983 beim Gewinn des Europapokals der Landes­meister das ent­scheidende Tor zum 1:0-Final­sieg gegen Juventus Turin erzielte.

Wem also, wenn nicht Magath, wäre es zuzutrauen gewesen, dass er im Laufe seiner beruf­lichen Zukunft bei seinem HSV in nahezu jeder Position die Geschicke leiten würde. So wie früher auf dem Platz, später erst als Trainer der Amateure und dann der Profis und noch etwas später dann auch als Manager. Das gesamte Funda­ment seines Repertoires an Fußball-Kenntnissen und -Erfahrungen hat Magath sozu­sagen beim HSV gesammelt, dem er in der Relegation 2022 als Trainer von Hertha BSC sehr wehtun musste, was ihm wirklich leidtat. Doch auch dies gehört zu der besonderen Verbin­dung zwischen Magath und seinem HSV, die es so in dieser Form – von Franz Becken­bauer beim FC Bayern München vielleicht mal abge­sehen – nicht allzu oft im deutschen Fußball gegeben haben dürfte.

Harald Spörl

Nur der HSV!

Es gibt Spieler, die fliegen jahre­lang oder sogar zeit ihrer Karriere unter dem Radar. Harald Spörl war von Ende der 80er- bis Ende der 90er-Jahre ein solcher Spieler, zumindest national betrachtet. Denn während in Hamburg jedermann um die herau­sragenden Qualitäten des kleinen und quirligen Rechts­fußes wusste, der vorwiegend als Rechts­außen oder im rechten Mittel­feld zum Einsatz kam, spielte Spörl trotz 321 Bundes­liga-Partien in der deutschen Nationalmannschaft nie eine Rolle. Leider.

Dafür war „Lumpi“, wie Spörl seit seiner Kindheit genannt wurde, beim HSV umso wichtiger und verwurzelter. Der Franke, der 1987 mit Anfang 20 von Ernst Happel zum HSV gelotst worden war, hatte sich direkt im hohen Norden heimisch gefühlt und sollte in all seinen Bundes­liga-Spielen nie ein anderes Trikot als das des HSV tragen. Und war damit rundum zufrieden. 13 Jahre HSV, viele Jahre davon als Führungs­spieler, sogar als Mann­schafts­kapitän und nicht zuletzt als gefürchteter Frei­stoß-Schütze – der gelernte Tischer liebte sein Leben als Profi des HSV, für den er insgesamt 377 Pflicht­spiele bestritt und auch nach seiner Karriere arbeitete. Denn so gelobt sein gutes Auge damals auf dem Platz war, so geschult war es auch beim Aufspüren von Talenten, weshalb Spörl fast zwei Jahrzehnte lang als Scout für den HSV tätig war – für seinen Verein, dem er sich seit nunmehr 35 Jahren zugehörig fühlt.

Klaus Zaczyk

Ein Kind der Bundes­liga

… im Wortsinn: Der gelernte Werkzeug­macher, ein in Öster­reich geborenes Flüchtlings­kind aus Ober­schlesien, aufgewachsen im hessischen Marburg, war 1963 mit gerade mal 18 Jahren und drei Monaten der jüngste aller von den 16 Gründungs­vereinen gemeldeten Lizenz­spieler. Sein Debüt feierte er für den Karlsruher SC im heimischen Wild­park – aus­gerechnet – gegen den HSV und sein großes Idol Uwe Seeler. Über den 1. FC Nürnberg (Abstieg als Meister) kam er 1969 zum HSV, wo er in neun Spiel­zeiten bis 1978 zu einem echten Dauer­brenner wurde. Exakt 400 Einsätze im deutschen Oberhaus (davon 262 für die Rot­hosen) stehen für den Mittel­feld­motor zu Buche – eine stolze Marke, die außer Zaczyk bis heute lediglich 71 weitere Spieler erreichten. Funfacts: Schon 1970 wollte ihn der FC Bayern an die Isar lotsen, bot dafür angeblich im Tausch Uli Hoeneß und Paul Breitner an. Doch der HSV lehnte ab. So kam es, dass in der Bundes­liga kein Spieler häufiger gegen „Kaiser“ Franz Beckenbauer antrat (23-mal).

Im Anschluss an seine Zeit als HSV-Profi kehrte Zaczyk nach Hessen zurück, spielte im Alter von 40 Jahren mit dem CSC Kassel sogar noch einmal um die Deutsche Amateur­meister­schaft und als Spieler­trainer bis 1992 in verschiedenen hessischen Amateur­klubs. Seit 1995 lebt Klaus Zaczyk wieder in Hamburg – und ist im Volkspark ein häufig und gern gesehener Gast.

David Jarolim

Arbeiter mit Herz

Manchmal ist es Liebe auf den ersten Blick, wenn sich ein Verein und ein Spieler treffen. Als der HSV 2003 David Jarolim verpflichtete, hatte Katja Kraus – damals im Vor­stand für die Bereiche Marketing und Kommuni­kation zu­ständig – schon so eine Ahnung und bat die HSVlive-Redaktion: „Bitte sorgt für einen eindrucks­vollen Vor­stellungs­text, der David wird hier bei uns eine sehr wichtige Rolle spielen.“ Sie sollte Recht behalten.

Neun Jahre lang ackerte der Tscheche, der bereits als Jugendlicher in den Nach­wuchs des FC Bayern München gewechselt und über den 1. FC Nürnberg zum HSV gekommen war, im Mittel­feld der Rothosen. Mit seiner unermüdlichen Spiel- und Arbeits­weise, die ihm in seinen 344 HSV-Pflichtspielen stolze 102 Gelbe Karten einbrachte, ging er stets voran und gehörte in dieser Zeit zu den absoluten Lieblings­spielern der HSV-Fans, die ihm zum Ende seiner aktiven Karriere noch einmal einen großen Moment schenkten: Jarolim bekam im Volks­park­stadion sein eigenes Abschieds­spiel.

Eine Rück­kehr zum HSV für die Zeit nach der Karriere stand immer wieder im Raum, doch aktuell ist Jarolim glücklich in seiner tschechischen Heimat und in seiner Rolle als Familien­vater, hängt mit seinem Herzen aber nach wie vor am HSV: „Eigentlich steht für mich fest, dass ich irgendwann noch einmal wieder­kommen möchte.“ Eine Liebe eben, die niemals endet.

Rudi Kargus

Atelier statt Straf­raum

Elfmeter­töter – so lautete der Spitz­name von HSV-Torhüter Rudi Kargus. Wobei es eigentlich viel mehr ein Titel oder gar eine Huldigung war, die er sich im Laufe seiner Zeit beim HSV erarbeitet hatte. Im gesamten Jahrzehnt der 70er ent­wickelte sich Kargus zu einem sehr modernen Torwart, der aber ins­besondere auch die Grundtugenden eines Schluss­mannes perfekt beherrschte: Auf der Linie stark, sicher beim Fausten und Fangen, und darüber hinaus ein besonders guter Organisator seiner Vorder­leute. Jimmy Hartwig sagte einst, für ihn sei es eine Ehre gewesen, mit Spielern wie Rudi Kargus – den er an dieser Stelle namentlich hervor­hob – zusammen­zuarbeiten und spielen zu dürfen. „Wenn der Rudi uns nach hinten gerufen hat, dann hat man das gemacht“, erinnerte sich Hartwig jüngst an seinen Schluss­mann.

Der hatte sich über diese Torhüter-Fähig­keiten hinaus einen Namen gemacht als Keeper, der vom Elf­meter­punkt aus nur schwer zu bezwingen war. „Dieses Duell eins gegen eins lag mir“, erinnerte sich Kargus immer wieder gern an diese Zeit, die er jedoch komplett hinter sich gelassen hat. Seit vielen Jahren beschäftigt sich der 71-Jährige nicht mehr mit Fußball, sondern frönt seiner zweiten großen Lebens­leiden­schaft: dem Malen. Als Künstler lebt er nach wie vor im hohen Norden – und verbringt so viel Zeit in seinem Atelier wie früher in seinem Straf­raum. Und hält heute Pinsel statt Elfmeter.

Richard Golz

Gesicht der Bundes­liga – und des HSV

Dass Richard Golz mal ein heraus­ragender Tor­hüter werden könnte, hatten die Verant­wortlichen des HSV früh erkannt. Bereits als A-Jugend­lichen ver­pflichteten sie den Berliner Jungen und ließen ihn im eigenen Nachwuchs reifen. Doch die große Stunde des „Langen“, wie der 1,99 Meter große Golz zeit seiner Karriere genannt werden sollte, schlug bereits früher als geplant: Im Supercup-Finale zwischen dem HSV und dem FC Bayern München hatte Uli Stein die Rote Karte gesehen (siehe Stein-Porträt), und der 18-jährige „Richie“ kam zu seinem Profi-Debüt.

1989 über­nahm Golz dann endgültig die Rolle zwischen den Pfosten des HSV und wurde über die Jahre mit 314 Spielen der Keeper mit den dritt­meisten Torhüter-Ein­sätzen – nach den großen Vereins­legenden Horst Schnoor und Rudi Kargus. Seine Bundesliga-Karriere setzte er nach der Ver­pflichtung von Jörg Butt ab 1998 beim SC Freiburg fort und kam bis 2006 auf starke 453 Bundes­liga-Einsätze, was ihm bis heute Rang 27 in der Tabelle der Spieler mit den meisten Bundes­liga-Spielen einbringt.

Die Verbindung zum HSV hielt auch über all die Jahre im Breisgau, denn 2008 wurde Golz im An­schluss an seine aktive Karriere im Rot­hosen-Nachwuchs Torwart-Trainer, und auch sein Sohn Jakob wurde hier aus­gebildet – er spielt heute in der 3. Liga bei Rot-Weiss Essen. Klassische Fußball- und HSV-Familie eben.

Gerd Krug

Unver­gessener Fein­geist

1951 als 15-Jähriger zum HSV gekommen, zählte Gerhard „Gerd“ Krug zur „goldenen Generation“ und zum Talent­schuppen von Trainer Günther Mahl­mann. An­fangs noch als Außen- und Halb­stürmer neben Uwe Seeler und Klaus Stürmer weit vorn in den Tor­schützen­listen, wurde er zur Saison 1959/60 zum (Rechts-)Verteidiger umge­schult. Eine Rolle, mit der Krug später – leicht kokettierend – immer etwas haderte: „Was ich am besten konnte, habe ich nie gespielt.“ Aber auch eine Position, in der er seine größten Erfolge feierte: Deutscher Meister 1960, DFB-Pokal-Sieger 1963, 64 Bundesliga-Einsätze bis 1966.

Krug zählte zu den klügsten Köpfen des HSV und bildete mit Uwe Reuter und Jürgen Werner die „Studenten-Fraktion“. Nach dem Uni-Abschluss in Germanistik, Literatur­wissen­schaft und Sport machte er sich einen Namen als Journalist, u.a. als Volon­tär bei der „Welt“, Ressort­leiter beim „Stern“, Chef-Redakteur von „Tempo“ und Redaktions­leiter Fernsehen beim ORB in Potsdam. Dem HSV blieb er bis zu seinem Tod im Alter von 74 Jahren infolge eines Sturzes auf Glatteis und an­schließender Krank­heit stets eng und engagiert verbunden: 2004 hielt er die Rede zur Eröffnung des HSV-Museums, war von 2008 bis 2011 Vertreter der Senioren im Aufsichts­rat und bereicherte zeit­weise auch das HSVlive-Magazin mit kenntnis­reichen und launigen Kolumnen. HSVer und Fein­geist in Personal­union – einmalig und unver­gessen!

Dieter Seeler

Der erste Bundes­liga-Kapitän

Der ältere der beiden Seeler-Brüder begann mit neun Jahren als Stürmer in der HSV-Jugend. Als er beim Über­gang in den Herren-Bereich (noch) nicht berück­sichtigt wurde, wechselte er 1952 zu Altona 93, ehe er 1955 an den Rothen­baum zurück­kehrte. Diesmal waren die Qualitäten des Blond­schopfs, des stets kraftvoll und extrem einsatz­freudig agierenden Leader-Typs, gefragt. Zunächst als Sturm-All­rounder, später als permanent marschierender Außen­läufer. Achtmal, durch­gängig von 1956 bis 1963, wurde Dieter Seeler mit dem HSV Meister der Oberliga Nord, 1960 dazu auch Deutscher Meister. Als die Bundes­liga kam, hatte er seinen Leistungs­zenit schon über­schritten, seine heraus­ragende Mentalität und Ein­stellung machten ihn dennoch zur ersten Wahl: Nach dem Ausscheiden seines Jugend­freundes Jochen Meinke übernahm er das Amt des HSV-Kapitäns und hatte die große Ehre, Mitte August 1963 den HSV beim DFB-Pokal-Sieg über Borussia Dort­mund und zehn Tage später bei der Bundes­liga-Premiere im Münsteraner Preußen­stadion anzuführen.

Dieter Seeler erlitt 1973 einen Herzinfarkt, später noch zwei Schlag­anfälle und starb 1979, im Alter von nur 47 Jahren, an Herz­versagen infolge eines Nieren­leidens. Sein Schwieger­sohn ist Michael Schröder, der als Bundes­liga-Profi, Nachwuchs­trainer, Co-Trainer der Profis und lang­jähriger Scout ebenfalls Teil der HSV-Familie ist.

Uli Stein

Hamburger Ur­gestein

Uli Stein ist ein echter Hamburger. Denn Stein wurde anno 1954 in der Hanse­stadt geboren, wuchs jedoch in Nienburg an der Weser auf – in der Nähe von Bielefeld. Dort, wo er auch sein Bundes­liga-Debüt feiern sollte. Dass Hamburg jedoch eine wichtige Rolle in seinem Leben spielen würde, wurde 1980 klar, als Stein in seine Geburts­stadt wechselte. Und das mit großartigem Erfolg, denn mit Stein zwischen den Pfosten wurde der HSV 1982 und 1983 Deutscher Meister und gewann 1983 in Athen den Europa­pokal der Landes­meister.

Doch Uli Stein wurde beim HSV nicht nur ein gefeierter, sondern auch ein tragischer Held, als ihm unmittel­bar nach dem Sieg des DFB-Pokals 1987 das Missgeschick passierte, das sein Ende in der Hanse­stadt einläutete: Der legendäre Faustschlag – oder wie Stein selbst es nannte: eine „miss­liche Dreh­be­wegung“ – gegen Bayerns Jürgen Weg­mann. Zwar kam Stein 1994 noch einmal für eine weitere Saison zurück, doch der Keeper mit den meisten Ein­sätzen im deutschen Profi­fußball (645) kehrte danach zu seinen Wurzeln und damit zu Arminia Biele­feld zurück. Dort avancierte Stein mit 42,5 Jahren zum ältesten Torwart, der je in der Bundes­liga gespielt hat, und nach Klaus Fichtel zum zweit­ältesten jemals einge­setzten Spieler. Und hier, auf der Alm, beendete der Kult-Keeper dann auch seine Profi-Karriere und absolvierte am 11. April 1997 sein letztes Spiel. Gegner: Na klar, der HSV.

Peter Hidien

Wahl-Nord­licht

Er ist ein echtes Nordlicht – mittler­weile jedenfalls. Denn Peter Hidien stammt eigentlich aus Koblenz, kam aller­dings bereits als Jugend­licher nach Hamburg. Und verließ den hohen Norden auch nicht wieder. Denn „Chita“, wie Hidien einst auf­grund seiner großen Vorliebe für Bananen im Spaß genannt wurde, wurde schnell eine Institution als Rechts­verteidiger und gewann mit den Rot­hosen zweimal die deutsche Meister­schaft sowie den DFB-Pokal und den Europapokal der Pokalsieger. Erfolgreiche Zeiten also für Hidien, dessen Vertrag nach zehn Jahren allerdings nicht verlängert wurde. „Der schwarze Peter“, wie er aufgrund seiner Haar­pracht genannt wurde, entschied sich jedoch gegen einen Wechsel und für Hamburg – und beendete kurzerhand mit 28 Jahren seine Profikarriere.

Vom Fußball allerdings hatte Hidien niemals genug. Erst spielte er im Hamburger Amateur­fußball und klopfte mit dem Hummels­bütteler SV sogar ans Tor zur 2. Liga, später führte er mit dem Hamburger Bundesliga-Schieds­richter Michael Malbranc ein Sport­artikel­geschäft, und auch in der Freizeit drehte sich stets alles ums runde Leder: Hidien trainierte im Kreis Pinneberg, seiner neuen Heimat, viele Teams wie den SC Egenbüttel, den Tangstedter SV oder den TuS Hasloh, dessen Obmann er zudem viele Jahre lang war. Und im Volks­park lässt sich Peter Hidien selbst­verständlich auch immer wieder sehen. Ehren­sache als echtes Nord­licht.

Georg Volkert

Glücklich und verehrt in der zweiten Heimat

Georg „Schorsch“ Volkert war Franke, wurde aber in den 70er-Jahren erfolg­reich „ein­genord­deutscht“. Sieben Jahre lang spielte er für den HSV und bekam die Stadt und den Verein auch später nicht aus seinem Herzen. Deshalb bleiben an ihn und seine HSV-Zeit weit mehr Erinnerungen als die rein sportlichen, zu denen Volkert zwischen 1971 und ‘78 entscheidend beige­tragen hatte. Allen voran 1977, als der Flügel­stürmer im Finale des Europapokals der Pokal­sieger gegen den RSC Ander­lecht einen Strafstoß zum 1:0 verwandelte, das 2:0 von Felix Magath vorbereitete und den HSV so zum Europa­pokal-Sieger machte.

Seine große HSV-Karriere ließ „Schorsch“ daheim beim VfB Stuttgart und dem 1. FC Nürnberg aus­klingen und kehrte an­schließend in seine zweite Heimat Hamburg zurück, spielte noch bei den Amateur-Clubs Hummelsbütteler SV und TuS Hoisdorf und startete an­schließend eine Manager­karriere – zunächst beim Stadtnachbarn FC St. Pauli, anschließend bei der großen Liebe HSV, wenn auch nur von 1990 bis ‘91. Doch bis zuletzt schwärmte er von der „tollen Zeit“: „Unsere Tochter Manuela wurde damals in Hamburg einge­schult, sie ist und bleibt unsere Hamburger Deern. Man hört ihren Hamburger Dialekt noch immer voll raus und sie ist zudem mit dem HSV-Virus infiziert“, gab der stolze Familien­vater noch kurz vor seinem Tod zu Protokoll. Georg Volkert ist im August 2020 im Alter von 74 Jahren verstorben.

Mehdi Mahdavikia

Turbo­schnell in die HSV-Herzen gestürmt

Es ist nicht vielen Fuß­ballern vergönnt, im Laufe ihrer Karriere bei den Menschen einen solchen Kult­status zu erreichen, dass ihnen von den Fans ihres Vereins ein eigener Gesang gewidmet wird. Hamburgs bekanntester Iraner hat dies geschafft, und das sogar in doppelter Hinsicht. Denn das „Mehdi Mahdavikia, oh oh oh oh oh“ auf die Melodie des 80er-Jahre-Hits „Vamos a la Playa“ von Righeira war im Volkspark­stadion über viele Jahre ebenso bekannt wie – hierbei handelt es sich nicht wirklich um Gesang, ist aber nicht minder laut oder akustisch auf­putschend gewesen – das langgezogene „Mehdiiiiiiiii“, das stets ertönte, wenn Mahdavikia auf der rechten Angriffs­seite den Turbo zündete.

In dieser Rolle rannte, flankte und schoss sich der Iraner in die Herzen der HSVer, die ihn auch heute noch regel­mäßig im Volks­park antreffen können. Denn Mahdavikia blieb dem HSV auch nach seiner aktiven Karriere treu und kehrte nach seinem ab­schließen­den Spieler-Kapitel bei Eintracht Frankfurt und in der iranischen Heimat in die Hanse­stadt zurück, wo er bis heute als Trainer im Nach­wuchs der Rot­hosen arbeitet – und auch weiterhin viele Spiele der Profis im Volks­park live verfolgt. Und hier und da hört man bis heute auf der Tribüne das eine oder andere schüchtern vorge­tragene „Mehdiiiiiiiii“, wenn er die Tribüne betritt. Klassischer Kult-Kicker!

„Bubi“ Hönig

Intelligenter Blitz-Tor­schütze

In einer sehens­werten und aktuell in der ZDF-Mediathek verfügbaren Uwe-Seeler-Doku beeindruckt der mittler­weile über Achtzigjährige als Zeitzeuge und Wegbegleiter der großen HSV-Ikone mit seinen gehalt­vollen und pointierten Wort­bei­trägen. Nichts verlernt, möchte man sagen, denn schon als Profi zählte Franz Josef „Bubi“ Hönig zu den (spiel-)intelligenten Vertretern.

1967 von Holstein Kiel gekommen, wuchs er rasch in die Rolle des Dirigenten und Takt­gebers des HSV-Spiels, nach dem Abschied von Seeler und Willi Schulz in seiner letzten HSV-Saison 1973/74 auch als Kapitän. Ein „Zehner“ mit exzellenter Technik, feinem Gespür für die Tiefe des Raumes und die Lauf­wege der Mit­spieler sowie mit ausge­prägten Torjäger­qualitäten aus­gestattet. 1971 und 1973 war Hönig der erfolg­reichste Knipser des HSV. Mit 62 Buden behauptet er immer noch Platz 6 in der ewigen HSV-Bundes­liga-Tor­schützen­liste. Kritikern, die sein Spiel als mit­unter etwas „zu um­ständlich“ und „mit zu vielen Schnörkeln versehen“ bewerteten, kann Hönig einen vielleicht für immer gültigen Top-Wert entgegen­halten: Am 6. Februar 1971 nämlich schoss er den Ball auf dem Bieberer Berg in Offenbach hand­ge­stoppte 14 Sekunden nach dem Anpfiff ins gegnerische Tornetz – das schnellste Bundes­liga-Tor aller HSV-Zeiten. Nicht nur dank dieses Treffers hat „Bubi“ seinen Platz in der HSV-Historie sicher.

Piotr Trochowski

Aus dem Bill­stedter Garten in den Volks­park

Als Piotr Trochowski im Januar 2005 vom FC Bayern München zum HSV wechselte, war es für ihn eine Rückkehr in die Heimat. Denn der Hamburger Jung, der bei der SV Bill­stedt-Horn das Fußballspielen erlernt hatte, da sein Eltern­haus direkt an den Sportplatz grenzte und der kleine „Trotsche“ sich mit seinen ebenso fußball­begeisterten Brüdern durch ein Loch im Zaun direkt auf den Sport­platz schummeln konnte, war nur für kurze Zeit in den Süden der Fuß­ball­republik aus­geflogen. Als Jugendlicher vom FC Bayern verpflichtet, gab die Anfrage aus dem Volks­­park dem versierten Mittel­feld­spieler den ent­scheidenden Karriere­schub. Beim HSV avancierte Trochowski zum Stamm- und später auch zum National­­spieler, der für Deutschland 35 Länder­spiele bestritt und unter anderem an der Europa­meisterschaft 2008 sowie der Welt­meister­schaft 2010 teilnahm.

Speziell mit seinen Dribblings und seiner Schuss­technik sorgte Trochowski immer wieder für Be­geisterung auf den Rängen, und spätestens dann, wenn er eines seiner Tore mit seinem rück­wärts ein­ge­sprungenen Salto feierte, flippte der Volks­park regel­mäßig aus. Dass der HSV für „Trotsche“ mehr als nur eine Station in seiner Karriere war, zeigt sich auch nach seinem Wechsel nach Spanien und dem Karriere­ende beim FC Augsburg, denn fortan lief er noch zwei Jahre für die dritte Mann­schaft des HSV im Hamburger Amateur­fußball auf. Einmal HSV, immer HSV!

Carsten Kober

Master of Grätsche

1986 wechselte ein junger Verteidiger namens Carsten Kober, der ursprünglich aus Bad Schwartau stammt, aus der Jugend des VfB Lübeck in den Nach­wuchs des HSV, der damals – ebenso wie die Profis – auf der Paul-Hauenschild-Sport­anlage in Norderstedt beheimatet war. Als Kober nach einem Jahr bei den HSV-Amateuren dann zu den Profis hochgezogen wurde, war schnell klar, dass dieser junge Mann mit einem außer­gewöhn­lichen Talent gesegnet war: Grätschen. Denn in seinen 259 HSV-Spielen gelangen ihm nur zwei Tore, dafür aber umso mehr saubere Tack­lings, die von den Fans oftmals nicht minder bejubelt wurden als ein Tor, was ihm im Laufe der Jahre den Spitznamen „Master of Grätsche“ einbrachte.

Nach seiner Zeit beim HSV grätschte, pardon: spielte Kober noch für Hertha BSC und den VfL Osnabrück, ehe er auf die Funktionärs­­ebene wechselte. Erst als Manager beim 1. SC Norder­stedt, dem Verein seiner Stadt im Hamburger Speck­gürtel, der er wohnlich bis heute treu geblieben ist, anschließend bei den Hand­ballern des VfL Bad Schwartau und seit sieben Jahren beim Hamburger Verein SC Vorwärts-Wacker Billstedt, dessen Präsident er mittler­weile ist – und mit dem Kober als unange­fochtener Landes­liga-Tabellen­führer nächste Saison in der höchsten Hamburger Spiel­klasse antreten wird. Wer grätscht, verliert – wie Ewald Lienen einst predigte? Gilt nicht, wenn man der „Master“ ist.

Willi Schulz

Besondere Beziehung

Willi Schulz und der HSV – das gehört seit un­glaub­lichen 60 Jahren zusammen wie Hamburg und der Michel. Dabei war die enge Verbunden­heit zwischen Schulz und den Rothosen keine Selbst­ver­ständlich­keit, denn „World-Cup-Willi“, wie man ihn später taufte, war die HSV-DNA nicht in die Wiege gelegt worden. Der Verteidiger stammte aus dem Ruhrgebiet, wo er beim FC Schalke auch Fuß­ball­profi wurde, ehe er 1965 zum HSV wechselte. Und fortan eroberte Willi Schulz Hamburg. Und die Welt. „Das Leben könnte so schön sein, wenn es diesen säbel­beinigen Schulz nicht gäbe“ – gesagt hat dies Weltstar Pelé, der damit seinen Respekt aussprach. Respekt für Schulz, nicht nur in Hamburg oder der Bundes­liga, sondern welt­weit. Speziell bei der Welt­meister­schaft 1966 in England, als er für seine heraus­ragenden Leistungen mit dem Spitznamen „World-Cup-Willi“ geadelt wurde.

In der Bundes­liga hat Schulz 211 Spiele für den HSV absolviert. Für seinen Verein, dem er auch nach seiner aktiven Karriere stets verbunden blieb – als Vereins­mit­glied und auch in aktiver Rolle als lang­jähriges Mitglied des Aufsichts­rats sowie als regel­mäßiger Besucher der Heimspiele. „Ich weiß nur, dass ich zwei Dinge wieder genauso machen würde: Meine Frau heiraten und nach Hamburg ziehen, um beim HSV zu spielen“, sagte Willi Schulz einst in einem Interview. Treffender lässt sich diese besondere Beziehung wohl nicht beschreiben.

Ole Bjørnmose

Prima, prima aus Däne­mark!

Von Werder kommt nichts Gutes? Von wegen! Diesem Spieler verzeihen wir den Um­weg über den Oster­deich und zu den Sonder­zeichen auf der Computer-Tastatur gern. Denn Ole Bjørnmoses Wechsel von der Weser in den Volkspark im Jahr 1971 zählt zweifel­los zu den besten Transfers der HSV-Geschichte. Akklima­tisieren musste sich das Nordlicht nicht, (An-)lauf­schwierig­keiten waren dem enorm einsatz­freudigen und fleißigen Teamplayer ohnehin fremd. Das „Danish Dynamite“ zündete sofort und dank langer Lunte immer wieder und hinterließ bleibende Spuren: Als erster Däne im HSV-Dress begründete er eine überaus erfolgreiche Tradition. Meist auf Rechts­außen eingesetzt, löste der technisch versierte Offensiv-All­rounder nicht nur ein Dauer-Abo auf einen Platz in der HSV-Startelf, sondern als Publikums­liebling auch in den Herzen der HSV-Fans.

Als er 1977 in seine Heimat auf die Insel Fünen zurück­kehrte, verließ er die Bundesliga nach elf Jahren und 323 Einsätzen als aus­ländischer Rekord-Spieler – eine Best­marke, die mehr als 30 Jahre Bestand hatte. Seine Ab­lösung im April 2008 durch einen seiner HSV-Nachfolger, den Bosnier Sergej Barbarez, erlebte er nicht mehr. Kurz nachdem der zuletzt als Elektriker bei der regionalen Strom­versorgung in Fredericia tätige Bjørnmose in den Ruhestand gegangen war, verstarb er im Alter von nur 62 Jahren über­raschend an einem Herz­infarkt.

Helmut Sandmann

Fußball & Hamburg – mehr geht nicht!

In Hamburg geboren, in Hamburg aufge­wachsen und in Hamburg zum Profi geworden – das ist die Geschichte von Helmut Sand­mann. Der heute 79-Jährige spielte als Schüler für den Wandsbeker FC und wurde 1963 erstmals in eine Jugendauswahl des DFB berufen. Die Flügelzange der deutschen Mannschaft bildeten damals Helmut Sand­mann aus Hamburg und ein gewisser Günter Netzer aus Mönchen­glad­bach …

Nach zwei dem DFB-Debüt nach­folgenden Spielzeiten bei den HSV-Amateuren unter­schrieb Sand­mann zur Saison 1965/66 einen Lizenz­spieler-Vertrag beim HSV und rückte damit in den Bundes­liga-Kader auf, nachdem er bereits im März 1964, noch als Amateur, im Europa­cup bei Olympique Lyon für die Profis debütiert hatte. Europäisch ging es auch vier Jahre später weiter, als der HSV bis ins Finale des Europa­pokals der Pokal­sieger einzog. In Rotterdam unterlagen die Rothosen den „Rossoneri“ der AC Mailand jedoch mit 0:2.

Es folgten noch weitere Spiele, sowohl inter­national als auch in der Bundes­liga, in der der Verteidiger letztmals im Mai 1973 zum Einsatz kam, anschließend aber keines­wegs die Stiefel an den Nagel hängte. Denn nach seinem Karriere-Aus­klang spielte Sand­mann noch bis ins hohe Alter weiter. Nur aus Spaß. Und nur bei seinen beiden Vereinen: in der Super­senioren-Mann­schaft der Wandsbeker sowie in der HSV-Altliga. Hamburg und Fußball – mehr brauchte und braucht Helmut Sand­mann nicht.

Willi Reimann

Doppelt hält besser

Hamburg und der HSV – das war für Willi Rei­mann immer etwas Besonderes. Erst­mals in der Stadt sess­haft wurde der als nicht ganz ein­facher Charakter und als Mensch, der seine Meinung gern gerade­heraus sagt, beschriebene Rei­mann 1974 nach seinem Wechsel von Hannover 96 zu den Rothosen. Mit dem HSV gewann der treffsichere Mittel­stürmer 1976 den DFB-Pokal und 1977 den Europa­pokal der Pokal­sieger sowie zwei Jahre später die Deutsche Meister­schaft. Un­glaublich erfolg­reiche Zeiten für Rei­mann in der Hanse­stadt, in die er nach seinem Karriere­ende in den USA auch direkt zurückkehrte.

Rei­mann wurde Trainer. Erst bei Altona 93 in der Landes­liga und Ober­liga, dann beim FC St. Pauli in der 2. Liga und schließ­lich ab November 1987 – doppelt hält schließ­lich besser – beim HSV.  Die Hanse­stadt vergaß Rei­mann auch nach seinem zweiten HSV-Engage­ment nie. Als Trainer des 1. SC Norder­stedt, des SV Lurup sowie noch einmal des Stadt­nachbarn kehrte Willi immer wieder zurück, ehe er nach Stationen beim VfL Wolfs­burg, Eintracht Frankfurt und Eintracht Braun­schweig seine Trainer­karriere 2007 beendete. „Ich denke, wenn man mal 60 ist, kann man ja auch aufhören“, erklärte Rei­mann anschließend in einem Interview, er wolle die Zeit lieber mit Reisen, beim Golf und mit Freunden verbringen, als sich in seinem Alter „von irgend­einem Vereins­präsidenten beschimpfen zu lassen“. Willi wie immer: gerade­heraus.

Jimmy Hartwig

Echter Entertainer

Der 25. Mai 1983 ist der größte Tag in der Vereins­geschichte des HSV: In Athen gewinnt man den Europa­pokal der Landes­meister. Und für einen HSVer war dieser größte Abend der Vereins­historie ein ganz schreck­licher: Jimmy Hartwig. Der hatte im Halb­finale seine zweite Gelbe Karte gesehen und war für das Finale gegen Juventus Turin gesperrt. Doch die Mann­schaft, die ihrem daheim­ge­bliebenen Gute-Laune-Bär den Titel ver­sprochen hatte, ent­täuschte ihn nicht. Und so bekam Hartwig doch noch seinen großen Auftritt, indem er seinen Mann­schafts­kameraden bei der Rück­kehr aus Athen bereits auf dem Roll­feld des Hamburger Flug­hafens entgegen­lief und den Cup in Empfang nahm. Dieser Pokal gehörte auch ihm, dem späteren Theater­schau­spieler und DFB-Inte­grations­beauf­tragten – auch ohne Ein­satz im großen Finale.

Schließlich hatte Hartwig auch vor diesem End­spiel bereits so viel geleistet für den HSV. Drei Deutsche Meister­schaften, dreimal Vize-Meister, End­spiel­teil­nehmer im Europa­pokal und im UEFA-Cup – die Liste seiner Erfolge ist lang. Und die der Kuriosi­täten auch, denn Hart­wig schaffte es nicht nur als Fußballer ins Rampen­licht, sondern auch als Enter­tainer. Als Sänger trat er 1980 bei­spiels­weise mit seinem Song „Mama Calypso“ auf, und später machte Hartwig auch im Dschungel eine gute Figur, so wie bis heute auf den Brettern, die die Welt bedeuten: im Theater. Ein echter Enter­tainer. Schon immer gewesen.

Hans-Jürgen Ripp

Hamburger Jung‘ für immer und ewig

Hamburger Jung, Jugend­kicker bei den Rothosen und erfolg­reicher HSV-Profi – diesen Weg ist Hans-Jürgen Ripp, den die meisten nur unter dem Namen „Ditschi“ kannten, erfolgreich gegangen. Den aller­größten Erfolg verbuchte er hierbei 1977 mit dem Gewinn des Europa­pokals der Pokal­sieger. Ripp hatte beim 2:0-Sieg gegen den RSC Anderlecht seinen Ab­wehr­job wie immer zu­ver­lässig erfüllt und sich damit nicht nur mann­schaftlich, sondern auch individuell in den Geschichts­büchern des HSV verewigt. Denn „Ditschi“ avancierte mit diesem Erfolg zum ersten gebürtigen Hamburger, der mit seinem Verein Europa­pokal­sieger wurde. Und mit dem Triumph im DFB-Pokal (1976) sowie dem Gewinn der Deutschen Meister­schaft (1979) gelang dem Eigen­gewächs gar ein historischer Hat­trick. „Dieses Kunst­stück als erster Hamburger voll­bracht zu haben, macht mich stolz“, sagte er vor einigen Jahren.

Als einer der schnellsten Abwehr­spieler der Bundes­liga, der seine Gegen­spieler auf dem Platz gekonnt ausdribbelte, brillierte Ripp an der Seite von großen HSV-Legenden wie Uwe Seeler, Charly Dörfel und Willi Schulz über Manfred Kaltz und Peter Nogly bis hin zu Kevin Keegan, Felix Magath und Horst Hrubesch – und wurde dabei selbst eine. Am 24. Juni 2021 feierte Hans-Jürgen Ripp seinen 75. Geburtstag, auch der HSV war zu Gast. Doch nur wenige Tage später verstarb „Ditschi“ Ripp plötzlich und unerwartet. In Hamburg.

Bernd Wehmeyer

Ein Verein als Lebens­aufgabe

Wenn man davon spricht, dass es Menschen gibt, die ihren Verein nicht nur lieben, sondern ihn förm­lich leben, dann sprechen wir im Bezug auf den HSV ein­deutig auch von Bernd Wehmeyer. Denn seit „Fummel“ 1978 von Hannover 96 zum HSV wechselte, ist dieser Verein nicht nur sein Arbeit­geber, sondern sein Leben. 236 Spiele in sieben Jahren, in dieser Zeit um­funktioniert vom Offensiv­spieler zum vielleicht besten Links­ver­teidiger der damaligen Zeit, der eine bis dahin nicht gekannte Moderne und Offensive in die Spiel­weise eines Außen­ver­teidigers hinein­brachte. Mit dieser Art des Fuß­balls hatte Weh­meyer ent­scheidenden Anteil an den großen Erfolgen der Rot­hosen Ende der 70er- und Anfang der 80er-Jahre, die im Gewinn des Europa­pokals der Landes­meister gipfelten.

Seinem HSV blieb Wehmeyer aber auch nach seiner aktiven Zeit treu. Ein Jahr­zehnt nach dem Ende seiner Profi-Karriere, das er als Adidas-Repräsen­tant verbrachte, stieg er im Volkspark als Manager und damit Haupt­verant­wortlicher für den sport­lichen Bereich ein. Später wurde Weh­meyer Club­manager und damit Gesicht des Vereins in der Öffent­lichkeit, und fungiert seit 2021 zudem als Vize­präsident des Hamburger SV. Mit anderen Worten: Kaum jemand kennt den HSV so in- und aus­wendig wie Bernd Weh­meyer, für den der HSV seit 45 Jahren und bis heute weit mehr als einfach nur ein Verein ist.

Bernd Hollerbach

Ein Bayer in Hamburg

Es gibt Dinge im Leben, die wird es niemals geben. „An mir kommt nur der Ball oder der Gegner vorbei, aber niemals beide“ – die Botschaft dieses legen­dären Satzes von Bernd Hollerbach war es, was den rustikalen Bayer auch bei den HSV-Fans so beliebt machte. Und so „hollerte“ – diesen Ausdruck gab es Ende der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre im Hamburger Fußball-Sprech wirklich – der gebürtige Würzburger Bernd Holler­bach sich Stück für Stück in die Herzen der Hamburger. Verbal immer ehrlich und gerade­heraus, und fußballerisch ganz genauso. Bedeutet: „Holler“ machte keine halben Sachen! Wenn Bernd Holler­bach in den Zwei­kampf ging, dann richtig, und dann krachte es auch mal. Und wenn Bernd Holler­bach aufs Tor schoss, dann krachte es auch, nämlich im Gebälk. Oder wahl­weise auch mal im Fangzaun.

Mit dieser beherzten und ehrlichen Spiel­weise rannte, schoss, kämpfte und grätschte sich der Bayer in die Herzen der Hamburger, die ihn mit jeder seiner mehr als 100 Gelben Karten und jedem seiner sieben Platz­verweise noch ein Stück­chen mehr feierten. Nach neun Jahren nahm Holler­bach seinen Hut, kehrte allerdings 2018 als Trainer zurück. Diese zweite Liaison war jedoch nicht von dem Erfolg gekrönt, den sich alle erhofft hatten. Der Verbunden­heit zwischen „Holler“ und seinem HSV tat dies jedoch keinen Abbruch. Wie ein­gangs erwähnt: Manche Dinge wird es niemals geben.

Sergej Barbarez

Geliebt, gefürchtet, genial

Ja, an ihm schieden sich stets ein bisschen die Geister: Sergej Barbarez, der sich jedoch nie beirren ließ und in den Jahren von 2000 bis 2006 zum erfolg­reichsten und wohl auch beliebtesten HSVer dieser Zeit avancierte. 76 Tore in 216 Spielen, also alle drei Partien ein Treffer – eine sehr gute Bilanz des Bosniers, der kurz nach der Jahr­tausend­wende aus Dort­mund zum HSV gewechselt war. Und zu seinem ehe­maligen Trainer und Förderer Frank Pagels­dorf.

Mit seiner mitunter lässig und aufreizend wirkenden Spiel­weise sowie seinen gelegent­lichen und ge­fürchteten Aus­brüchen brachte Barbarez den Anhang der Rothosen manchmal zum Verzweifeln, um kurz darauf mit der nächsten genialen Aktion das Spiel im Allein­gang zu entscheiden und die Fans zu verzücken. Diese Genie­streiche waren es, die ihn aus­zeichneten und zu einer der führenden Figuren in den Jahren zwischen erster Champions-League-Teil­nahme des neuen Jahrt­ausends sowie erfolg­reichen Zeiten in der Königs­klasse, im UEFA-Cup und UI-Cup unter Trainer Thomas Doll machten.

Dass Barbarez 2006 noch einmal zwei Jahre bei Bayer Lever­kusen dranhing und am Rhein seine Karriere beendete, tat seiner Liebe zu Alster und Elbe keinen Abbruch: Barbarez lebt wieder in Hamburg, war kurzzeitig sogar als Mit­glied des Aufsichts­rates im HSV vertreten und verfolgt seinen Verein heute nach wie vor eng, laut und enthusias­tisch – genauso, wie er ihn damals auf dem Platz vertreten und geprägt hat.

Jürgen Hart­mann

Ruhiger (Staub­sauger-)Ver­treter

Eines war Jürgen Hart­mann nie, weder während seiner Zeit in Hamburg noch irgend­wann sonst in seiner Fuß­baller-Karriere: ein Laut­sprecher. Dies entsprach nicht dem Naturell des ruhigen, sehr erwachsenen Schwaben, der sich nach sechs Jahren beim VfB Stutt­gart die kommenden sechs Jahre an den Hamburger SV band. Sechs Jahre, in denen Hart­mann genau das bot, was ihn zeit seiner Karriere aus­zeichnete: ehrliche Arbeit, Cleverness, Konstanz, Leistungs­bereit­schaft und Zu­verlässig­keit. Diese Tugenden verkörperte Jürgen Hart­mann zwischen 1991 und ’96 in Hamburg wie kaum ein Zweiter.

Als zwei­kampf­starker Dauer­läufer und klassischer Staub­sauger im defensiven Mittel­feld war Hart­mann eine Bank, fungierte aus­hilfs­weise auch als Mann­schafts­kapitän und erfüllte diese Aufgabe wie alles auf dem Platz: mit Ruhe, im Sinne der Mann­schaft und ohne viel Auf­hebens. Fetzige Frisuren, knallige Schuhe, wilde Tor­jubel – dies war nicht die Welt Hart­manns. Der kehrte nach seiner Karriere, in der mit dem HSV 15-mal international im UEFA-Cup sowie dem kleinen Bruder
UI-Cup antrat und nach seiner Zeit in der Hanse­stadt noch ein ab­schließendes Jahr in der Schweiz beim FC Basel dran­hängte, in die schwäbische Heimat zurück. Dort arbeitete er lange Zeit im Nach­wuchs der Stutt­garter Kickers als Trainer und ist dem Fuß­ball bis heute als aktives Mitglied der Traditions­mann­schaft des VfB Stuttgart verbunden geblieben.

Horst Hrubesch

Der Tausend­sassa

Horst Hrubesch und der HSV – eine Liaison, die seit 1978 besteht. Damals nämlich wechselte der Zweit­liga-Tor­schützen­könig von Rot-Weiss Essen nach Hamburg und wurde zu einer der entscheidenden Persönlich­keiten in Reihen der Rothosen. Als Tor­schütze vom Dienst und Mann­schafts­kapitän marschierte Hrubesch voran und war gleichzeitig Speer­spitze und Gewissen der Mann­schaft, die sich in dieser Zeit mit der doppelten Meister­schaft 1982 und ‘83 sowie dem Gewinn des Europa­pokals der Landes­meister im gleichen Jahr selbst krönte.

Auf dem Zenit seines persön­lichen Schaffens und dem Höhe­punkt des Hamburger SV suchte Hrubesch sein Glück woanders – und fand doch Jahr­zehnte später zu seinem HSV zurück. Seit 2020 bildet Hrubesch, der seit Jahr­zehnten in der Nähe von Neu­münster zuhause ist und für den DFB mit der U19- und U21-National­mann­schaft Europa­meister wurde sowie Olympia-Silber gewann, als Direktor Nach­wuchs die Top­talente der Rot­hosen aus. Zudem schob er mit all seiner Frauen­fußball-Erfahrung auch die HSV-Frauen ent­scheidend mit an – und hilft auch 2024 in Doppel­funktion der deutschen Frauen-National­mann­schaft. Natürlich ohne seine Tätigkeit im Volks­park ruhen zu lassen, denn eine so starke und jahr­zehnte­lang bestehende Verbindung wie die zwischen dem HSV und Tausend­sassa Horst Hrubesch hält eine solche Doppel­belastung eben aus.

Dietmar Beiersdorfer

Gebürtiger Franke, aber Hamburger durch und durch

Dietmar Beiers­dorfer hat den HSV und Hamburg von Anfang an geliebt. Und das, obwohl er eigent­lich aus Franken stammt. Von der SpVgg Fürth war der Verteidiger 1986 in den hohen Norden gewechselt, wurde beim HSV schnell Stamm­kraft, dann un­verzicht­barer Spieler und später sogar Mann­schafts­kapitän, ehe er 1992 weiterzog und später nach weiteren Stationen bei Werder Bremen und dem 1. FC Köln das Fußball-Abenteuer in Italien suchte.

Doch nach seinem Karriere­ende zog es Beiers­dorfer wieder in die Hansestadt, wo er als Sport­direktor bei seinem HSV landete und ihn im Zusammen­spiel mit Vorstandskollege Bernd Hoff­mann zu einer deutschen und sogar euro­päischen Spitzen­mann­schaft aufbaute. Dennoch kam es im Jahr 2009 zur Trennung, doch Beiers­dorfer kehrte zurück und wurde 2014 Vorstands­vorsitzender der neu ge­gründeten HSV Fußball AG – und schaffte mit der Ver­pflichtung von Bruno Labbadia als Retter den emotionalen Klassen­erhalt in Karlsruhe, der jedoch ebenso wie weitere an­strengende Jahre schluss­endlich zu viel Kraft gekostet hatte.

Auch wenn Dietmar Beiers­dorfer heute als Geschäfts­führer des FC Ingolstadt wieder näher an seiner eigent­lichen Heimat arbeitet, so ist der Lebens­mittel­punkt der Familie Beiers­dorfer dennoch in der Hanse­stadt geblieben – ein weiterer Beleg dafür, dass Hamburg und Beiers­dorfer zusammen­gehören.

Jürgen Groh

The normal one

207 Spiele für den HSV, nahezu alle über 90 Minuten, und trotz­dem nur fünf Tore – allein an­hand dieser Zahlen lässt sich erahnen, welchen Spielertyp Jürgen „Joschi“ Groh zwischen 1980 und 1985 für den HSV verkörperte. Seine Haupt­beschäftigung war eben nicht die, vor dem gegnerischen Tor auf­zu­kreuzen, sondern mit herunter­gerutschten Stutzen (und ohne Schien­bein­schoner!) für seine Mann­schaft zu ackern. Immer wieder, emsig, vor­bildlich, einzig­artig und nimmer­müde. Er lief und lief und lief. Und stellte sich dabei 90 Minuten zu 100 Prozent in den Dienst der Mann­schaft. Ein Spieler-Typ wie der frühere Mönchen­glad­bacher Herbert „Hacki“ Wimmer, der einst der Wasser­träger von Günter Netzer war. Groh mit seiner großen Lunge hat aller­dings nicht nur für einen speziellen Mit­spieler gearbeitet und sämtliche offenen Lücken auf dem Spiel­feld gestopft, sondern für mehrere. Oder besser gesagt: für alle.

Apropos Arbeit: Vor seiner Fußball-Karriere, in der er mit den Rot­hosen Deutscher Meister wurde und den Europa­pokal der Landes­meister gewann, war er schon in seinem Traum-Beruf als Post­bote unter­wegs gewesen, nach seiner groß­artigen HSV- und Fußball-Lauf­bahn nahm er seinen alten und lieb­gewonnenen Beruf in der alten Heimat wieder auf. Jürgen Groh, der nie ein Laut­sprecher war und dem Egoismus und Bequem­lichkeit Fremdwörter waren, ist eben als Mensch wie als Fuß­baller: ehrlich, fleißig, normal.

Nico-Jan Hoogma

Echter Kapitän

Kapitän zu sein, das bedeutet, Verant­wortung zu über­nehmen, für sich selbst, für die Aufgabe, und auch für die gesamte Crew. Der Mann, der diese Rolle beim HSV zu Beginn der 2000er-Jahre aus­füllte, war Nico-Jan Hoogma, der immer ein ganz spezielles Auge für alle Mit­spieler und auch für die Mit­arbeiter des HSV hatte. So zum Beispiel auch für HSV-Kult­masseur Her­mann Rieger, der unter der Ägide Hoogmas im Jahre 2004 seinen letzten Arbeits­tag beim HSV verrichtete, ehe er in seinen mehr als wohl­ver­dienten Ruhe­stand ging. Letzter Spieler auf der Massage­bank Riegers: natürlich Nico-Jan Hoogma. Noch heute erzählt man sich im Volks­park die Geschichte, wie Hoogma nach dieser letzten Behandlung und vor dem letzten Spiel und Arbeits­tag Riegers zu nacht­schlafender Zeit zu seinem Kumpel sagte: „Komm, Burschi, gehen wir ein Bier trinken!“ Und so marschierten Hermann und Nico-Jan, der am gleichen Tag wie Rieger verab­schiedet wurde und deren Freund­schaft bis zum Tode Riegers hielt, Arm in Arm in die Nacht und stießen auf sich und ihre HSV-Zeit an.

Es sind Erinnerungen, die der heutige Manager, der zwischen 1999 und 2004 insge­samt 99 Spiele mit der Binde am Arm absolvierte, nach wie vor pflegt, indem er immer wieder im Volks­park vorbei­schaut. Auch 20 Jahre später: noch immer ein echter Kapitän.

Özcan Arkoc

Die ewige Nummer 1

Özcan Arkoc war – nicht nur aufgrund seiner Rücken­nummer – die Nummer 1. Und dies sogar in vielerlei Hinsicht. Als Spieler in 207 Pflicht­spielen von 1967 bis 1975 im Tor des HSV, aber auch als Trainer. Denn nach dem Ende seiner aktiven Lauf­bahn agierte Arkoc erst erfolg­reich als Coach der 2. Mann­schaft sowie als Co-Trainer an der Seite von Kuno Klötzer, ehe er in der Saison 1977/78 als Nach­folger von Rudi Gutendorf für 22 Bundes­liga-Spiele HSV-Chef­trainer wurde. Özcan Arkoc war damit der erste Bundes­liga-Spieler der Rot­hosen, der später auch Trainer des HSV wurde, und sicherte sich so einen Eintrag in den Geschichts­büchern seines Vereins. Und auch in den Annalen der Bundes­liga, denn gleich­zeitig avancierte er zum ersten türkisch­stämmigen Bundes­liga-Trainer aller Zeiten, ebenso wie er nach Ein­führung der Spieler­wechsel zur Saison 1967/68 der erste Bundes­liga-Akteur gewesen war, der jemals aus­ge­wechselt wurde.

Nach seiner Zeit beim HSV und dem Ende seiner Trainer­tätigkeit intensivierte Arkoc seine Arbeit in der Gastro­nomie, blieb aber im hohen Norden heimisch. Auch im Volks­park­stadion, wo er seinen Nach­folgern gern und stets wohl­wollend auf die Finger schaute. Bis zuletzt. Denn Özcan Arkoc ist am 17. Februar 2021 im Alter von 81 Jahren gestorben. In Hamburg. Dort, wo er stets gemocht und geschätzt wurde. Nicht nur als Nummer 1, sondern als große Persönlich­keit und wunder­barer Mensch.

Frank Rost

Einzig­artiger Tor­hüter und Typ

19 Jahre Profi-Fuß­ball beim SV Werder Bremen, dem FC Schalke 04 und dem HSV. Das liest sich für einen Fuß­ball-Lieb­haber heraus­ragend gut, und im Falle von Frank Rost passte es auch, denn der kantige Keeper lebte die Werte dieser Traditions­vereine wie kaum ein anderer. Immer ehrlich, immer gerade­heraus, immer für die Mann­schaft, immer im Sinne der Fans, immer Vollgas. Beim HSV wurde er dafür von den An­hängern geliebt, nachdem er 2007 in die Hanse­stadt ge­wechselt war. Mit Rost als Rück­halt erreichte der HSV gleich zweimal das Halb­finale der Europa League, seinem absoluten Lieblings­wett­bewerb: Mit 87 Spielen ist Rost bis heute der Spieler mit den zweit­meisten Ein­sätzen im UEFA-Cup bzw. dessen Nach­folger Europa League, lediglich die italienische Ikone Giuseppe Bergomi (96) hat mehr Ein­sätze vorzu­weisen.

Apropos Zahlen:  203 Spiele für den HSV, 70 davon – also mehr als jedes dritte – ohne Gegen­tor: ein heraus­ragender Wert für einen Tor­hüter. Wobei Rost viel mehr war als das. Und so bleiben dem 50-Jährigen beim Blick auf seine Karriere nicht nur Traditions­clubs, Rekord­zahlen und Weiße Westen, sondern auch die Gewiss­heit, neben Jens Leh­mann und Marwin Hitz einer von drei Torhütern zu sein, die in einer Bundes­liga-Partie aus dem Spiel heraus ein Tor er­zielten. Und bis heute der einzige Keeper zu sein, dem an der Tor­wand des ZDF-Sport­studios fünf Treffer gelangen. Was für ein Typ!