Mit seiner defensiven Vielseitigkeit hat sich MORITZ HEYER in der 2. Bundesliga einen Namen gemacht. Dabei zählt der 27-Jährige, der seinen Vertrag beim HSV jüngst vorzeitig bis 2026 verlängert hat, im Profifußball eher zu den Spätentwicklern. Ein Portrait über einen Dauer-Optimierer.
Wenn Moritz Heyer gefragt wird, auf welcher Position er eigentlich am liebsten spielt, dann antwortet er ganz undiplomatisch und ehrlich: Innenverteidiger. Hier fühle er sich am wohlsten, weil er das komplette Spiel vor sich habe. Klingt plausibel, nur kam der 1,84 Meter große Defensivspezialist in der laufenden Saison kein einziges Mal dort zum Einsatz. Wettbewerbsübergreifend verbrachte der 27-Jährige seine mehr als 2.500 Einsatzminuten 24-mal als Rechtsverteidiger, achtmal als zentraler und zweimal als defensiver Mittelfeldspieler. Innenverteidigung? Fehlanzeige!
Für Teamplayer Heyer war und ist das aber kein Problem, denn seine Vielseitigkeit ist längst zu seinem Markenzeichen geworden. Als der Verteidiger zur Saison 2019/20 von der Bremer Brücke an die Elbe wechselte, wurde er von seinem damals ebenso alten wie neuen Trainer Daniel Thioune als „polyvalenter Spieler“ eingeführt. Dass Nachfolger Tim Walter in seinem positionslosen Spiel an solch einem vielseitig einsetzbaren Fußballer ebenfalls großen Gefallen findet, zeigen Heyers Einsatzzeiten in dieser Saison, in der er nicht nur als Verteidiger, sondern mit sechs Saisontoren auch als drittbester Zweitliga-Torjäger der Rothosen in Erscheinung tritt – persönlicher Bestwert. „Seine größte Stärke ist, dass man ihn überall einsetzen kann und er es überall gut macht. Zudem hat er ein gutes Gefühl dafür, wo etwas passieren kann. Er ist ein lauernder Schleicher mit einem guten Gespür für die Situationen und Räume, in denen Tore entstehen können“, betont Walter. Nicht zuletzt deshalb verlängerte der Hamburger SV Anfang April den zum Sommer 2023 auslaufenden Vertrag mit seinem „Mr. Polyvalenz“ vorzeitig um drei weitere Jahre bis 2026. Eine Entwicklung, die ihm vor einigen Jahren sicherlich nicht viele zugetraut hätten.
Wie der Vater so der Sohn
Begibt man sich auf die Spurensuche nach Heyers Vielseitigkeit, dem Faible fürs Verteidigen und zugleich der Gabe fürs Toreschießen, dann muss man ins beschauliche Bramsche reisen. Hier, in der rund 30.000-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Osnabrück, wuchs der am 4. April 1995 im wiederum nur einen Steinschlag entfernten Ostercappeln geborene Moritz Heyer auf. Im Kleinkindalter verfolgte er dabei die Bezirks- und Landesligaspieler seines Vaters Christian. Dieser war als Stümer und Zehner eigentlich ein offensiver Spieler, wurde mit dem Alter aber zum Libero umfunktioniert. Und klein Moritz, der kaum ein Spiel seines Daddys verpasste, guckte sich die Interpretation dieser mittlerweile im Profifußball ausgestorbenen Position vom Spielfeldrand aus ganz genau an. Anschauungs- und Mitmachunterricht gab es vom Papa dann auch auf dem örtlichen Bolzplatz. Im Fokus schon damals: die Beidfüßigkeit. „Mein Vater hat mich frühzeitig darauf gepolt, auch meinen linken Fuß zu trainieren. Diesen Ratschlag habe ich über all die Jahre immer beherzigt und bin glücklich, dass es so gut geklappt hat. Mein linker Fuß ist zwar nicht gleich gut, aber er ist schon nicht so schlecht“, weiß „Mo“ heute.
Wenn Heyer über „all die Jahre“ spricht, dann sind die Jugendjahre beim 1. FCR Bramsche (1998-2005), TSV Wallenhorst (2005-08) und VfL Osnabrück (2008-14) ebenso wie seine Herrenjahre bei den Sportfreunden Lotte (2014-18), dem Halleschen FC (2018-19), erneut VfL Osnabrück (2019-20) und Hamburger SV (seit 2020) gemeint. Denn den typischen Karriereweg eines hochtalentierten Senkrechtstarters hat der heute 27-Jährige keinesfalls eingeschlagen. Zwar war er Teil des Ausbildungsprogramms der Lila-Weißen und spielte in der B- und A-Junioren-Bundesliga, gab sein Profi-Debüt aber erst im Alter von 21 Jahren in der 3. Liga. „Als ich in die Jugend zum VfL gewechselt bin, habe ich mir über eine Fußballkarriere gar keine großen Gedanken gemacht. Ich wollte einfach eine Liga höher spielen und mich weiterentwickeln. Natürlich war es ein Traum, aber im Unterbewusstsein war mir immer klar, dass es sehr schwierig werden würde, sich gegen so viele Talente durchsetzen zu können“, so Heyer rückblickend.