Er war der Kapitän der Mannschaft, die 1983 den größten Erfolg der HSV-Historie errang: HORST HRUBESCH, damals Kopfballungeheuer, heute Kopf der Nachwuchsarbeit bei seinem HSV. Im HSVlive-Interview spricht er über diese berühmte Nacht von Athen und erklärt, was die Mannschaft des Hamburger SV damals so besonders und so erfolgreich gemacht hat.
Horst, im HSV-Museum sind zahlreiche Objekte vom großen Europapokalsieg der Landesmeister von 1983 ausgestellt. Wie häufig hast du dir die bereits angesehen und dabei in Erinnerungen geschwelgt?
Um ehrlich zu sein: gar nicht so oft. Natürlich kommen bei diesem Anblick immer Erinnerungen hoch, aber die habe ich ohnehin in meinem Kopf abgespeichert. Ich kann mein Leben immer wie ein Bilderbuch aufschlagen und weiß genau, wo ich bin. Ich sehe die Geschehnisse dann vor dem geistigen Auge nochmal, um sie mir ins Gedächtnis zurückzurufen. Aber ich bin kein Typ, der dafür eine eigene Sammlung benötigt.
Das eine oder andere Andenken deiner illustren Karriere hast du aber bestimmt auch in Form von Metall in den eigenen vier Wänden, oder?
Ja, wir haben damals ein kleines Duplikat des Europapokals der Landesmeister bekommen. Zudem habe ich das Silberne Lorbeerblatt der Bundesregierung, den Schuh von der Europameisterschaft und die Torjägerkanone der Bundesliga. Darüber hinaus gibt es fünf dicke Ordner mit Zeitungsartikeln über mich. Die hat mein Opa einst angefertigt, und sie beginnen entsprechend noch zu meiner Essener Zeit. Heute lasse ich meine Enkelkinder da reingucken, damit sie wissen, was der Opa mal gemacht hat. Ansonsten habe ich aber wirklich nichts. Ich habe weder Trikots noch sonstige Andenken behalten. Diese Dinge habe ich meistens für wohltätige Zwecke abgegeben.
Was löst es bei dir aus, wenn du im Museum die Replik des Europapokals noch einmal vor Augen hast?
Mir kommt dessen Schwere in den Kopf, und auch die Füllmenge. Darüber hinaus denke ich einfach an die Tatsache, dass du für diesen Pott erst einmal zwei Jahre laufen musstest. Zu unserer Zeit musste man ja zunächst einmal Meister werden, um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können. Erst dann hattest du überhaupt die Chance, das Finale zu erreichen. Das haben wir zweimal geschafft: 1980 haben wir es gegen Nottingham Forest leider in den Sand gesetzt, und drei Jahre später war es eigentlich klar, dass wir ihn dieses Mal mit nach Hause nehmen. Wenn du einen so langen Weg gehst, dann oben am Ziel ankommst und in Athen auf dem Platz stehst, dann macht es keinen Sinn, jetzt noch zu verlieren. Das sagt dein Gegner zwar auch, aber es hat nichts mit Vermessenheit zu tun, wenn man weiß, was man getan hat und jetzt nochmal alles reinlegt. Das haben wir getan. Wenn man das Spiel heute noch einmal anguckt, dann sieht man, dass wir es verdient gewonnen haben.
Du hast als Spieler nicht nur diesen großen Titel, sondern auch die Europameisterschaft und dreimal die deutsche Meisterschaft gewonnen. Ganz simpel gefragt: Ist ein Titel eigentlich wichtiger als der andere?
Nein. Das Entscheidende ist, dass es eine Mannschaft war. Es ging nicht um einzelne Spieler. Es werden ja oft die gleichen Namen genannt: Magath, Kaltz, Hrubesch. Aber ebenso entscheidend waren auch immer die anderen Spieler: ein Hieronymus, ein Rolff, oder ein Bastrup, der auf dem Weg nach Athen beim 3:0-Auswärtssieg im Viertelfinal-Hinspiel gegen Kiew alle drei Tore erzielt hat. Es ging immer über die Mannschaft. Wir wussten, dass der eine für den anderen läuft.
Lass uns gezielt auf das Finale in Athen zurückblicken: Wie ist es euch gelungen, mit dieser Mentalität in das Spiel zu gehen?
Für uns war klar, dass wir nach dem verlorenen Finale gegen Nottingham unbedingt diesen Pokal wollten. Ich habe früher oft den dummen Spruch gehört, dass man aus Niederlagen lernen würde. Aber was lerne ich wirklich? Nach einer Niederlage fahre ich nach Hause, bin wütend und grabe mich ein. Für mich war es irgendwann wichtig, die Frage zu stellen, was ich aus Siegen lerne. Was geht noch besser? Was kann ich noch mehr tun? Ich habe beispielsweise in einer Saison 27 Tore geschossen und habe mich gefragt, warum ich die anderen zehn Dinger nicht reingemacht habe. Das war immer mein persönlicher Antrieb. Und von diesen Spielertypen hatten wir einige in der Mannschaft. Du hattest nie das Gefühl, dass jemand mit dem Gezeigten zufrieden war.
In diesem Zusammenhang kam es 1980 auch zu einer Szene am Flughafen in Madrid, wo ihr beim Check-In dabei zusehen musstet, wie Nottingham mit dem Pokal davonzieht.
Ja, da habe ich gesagt: Die nehmen unseren Pokal mit, aber wir kriegen ihn auch noch. Ich war davon einfach überzeugt. Wir zählten zu dieser Zeit einfach zur Spitze von Europa. Das darf man so klar sagen. Wir hatten über die Jahre eine gewisse Selbstsicherheit entwickelt.